Zusammenfassung von BGer-Urteil 1C_416/2024 vom 2. Oktober 2025

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Detaillierte Zusammenfassung des Urteils des Schweizerischen Bundesgerichts 1C_416/2024 vom 2. Oktober 2025 I. Einleitung und Sachverhalt

Das Urteil des Bundesgerichts 1C_416/2024 vom 2. Oktober 2025 betrifft eine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen ein Bauvorhaben der Swisscom (Schweiz) AG zum Neubau einer Mobilfunkanlage in der Einwohnergemeinde Schelten, Kanton Bern. Die Beschwerdeführenden, eine Gruppe von Privatpersonen, beantragten die Aufhebung der erteilten Baubewilligung und die Erteilung eines Bauabschlags, eventualiter die Rückweisung der Sache zur Prüfung von Alternativstandorten. Das Bundesgericht wies die Beschwerde ab.

Das Baugesuch der Swisscom (Schweiz) AG vom 24. August 2018 sah den Neubau eines rund 31 m hohen Mobilfunkmastes auf dem Grundstück xxx vor, welches in der Landwirtschaftszone liegt und sich im Eigentum der Einwohnergemeinde Schelten befindet. Das Projekt umfasste ursprünglich zwei Antennen- und Remote-Radio-Head-Kränze, wobei adaptive Antennen vorgesehen waren. Nach Bestätigung der Einhaltung der Immissionsgrenzwerte für nichtionisierende Strahlung durch das kantonale Amt für Berner Wirtschaft (beco) und Erteilung einer Ausnahmebewilligung für das Bauen ausserhalb der Bauzonen durch das Amt für Gemeinden und Raumordnung (AGR), bewilligte die Regierungsstatthalterin das Vorhaben am 24. März 2020 und wies Einsprachen ab.

Im weiteren Verlauf, während des Beschwerdeverfahrens vor der Bau- und Verkehrsdirektion (BVD) des Kantons Bern, reichte die Swisscom eine Projektänderung ein (4. Juni 2021), welche den Verzicht auf die Installation der adaptiven Antennen umfasste. Die BVD wies die Beschwerde daraufhin ab, bestätigte die Baubewilligung unter Ergänzung von zusätzlichen Bestimmungen – namentlich die Verpflichtung zur unauffälligen, dunklen Farbgebung der Anlage und das ausdrückliche Verbot der Installation adaptiver Antennen. Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern wies die hiergegen erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde am 4. Juni 2024 ab.

II. Rechtliche Würdigung durch das Bundesgericht A. Prozessuale Aspekte

Das Bundesgericht trat auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ein, da es sich um einen Endentscheid einer letzten kantonalen Instanz in einer baurechtlichen Angelegenheit handelte (Art. 82 lit. a, 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 90 BGG). Die Beschwerdelegitimation der Mehrheit der Beschwerdeführenden wurde bejaht, da sie am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen hatten und innerhalb des Einspracheperimeters wohnen. Bezüglich der Sachverhaltsfeststellung wendet das Bundesgericht das Recht von Amtes wegen an, prüft die angefochtenen Entscheide aber grundsätzlich nur auf Rechtsverletzungen hin, welche die beschwerdeführende Person vorbringt und begründet (Art. 106 Abs. 1 und 2 BGG). Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung beruht und für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). Neue Tatsachen oder Beweismittel sind im bundesgerichtlichen Verfahren unzulässig, sofern sie nicht erst durch den Entscheid der Vorinstanz veranlasst wurden (Art. 99 Abs. 1 BGG). Eine von den Beschwerdeführenden eingereichte Fotodokumentation zur Horizontlinie wurde als unzulässiges Novum beurteilt.

B. Standortgebundenheit nach Art. 24 lit. a RPG

Ein zentraler Streitpunkt war die Frage der Standortgebundenheit der Mobilfunkanlage im Sinne von Art. 24 lit. a des Raumplanungsgesetzes (RPG). Gemäss dieser Bestimmung ist eine Ausnahmebewilligung für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen nur zulässig, wenn der Zweck der Bauten und Anlagen einen solchen Standort erfordert.

Das Bundesgericht hielt fest, dass eine Anlage standortgebunden ist, wenn sie aus technischen oder betriebswirtschaftlichen Gründen auf einen Standort ausserhalb der Bauzone angewiesen ist oder wenn sie von einer Bauzone ausgeschlossen ist. Es genügt eine relative Standortgebundenheit, wenn gewichtige Gründe einen Nichtbauzonenstandort gegenüber Standorten in der Bauzone als erheblich vorteilhafter erscheinen lassen. Bei Mobilfunkanlagen in der Landwirtschaftszone erfordert die Standortgebundenheit einen funktionalen Zusammenhang mit dem betreffenden Versorgungsgebiet (BGE 138 II 570 E. 4.2). Eine absolute Standortgebundenheit liegt vor, wenn eine Deckungs- oder Kapazitätslücke aus funktechnischen Gründen mit einem oder mehreren Standorten innerhalb der Bauzonen nicht in genügender Weise beseitigt werden kann (BGE 141 II 245 E. 7.6.2).

Anwendung auf den vorliegenden Fall: Das Gericht stellte fest, dass in der dünn besiedelten Gemeinde Schelten keine Bauzonen existieren und die nächstgelegenen Bauzonen rund 3,5 km entfernt sind. Die Vorinstanz hatte – willkürfrei – festgestellt, dass das Gemeindegebiet aktuell nicht mit Mobilfunk versorgt werde und eine Deckungslücke bestehe. Die geplante Anlage diene der Versorgung dieses Gebiets, welches ausschliesslich ausserhalb der Bauzone liegt. Mit der geplanten Anlage könne ein beträchtlicher Teil der Wohnhäuser (ca. 40% mit guter, weitere 20% mit immerhin vorhandener Versorgung) sowie ein Grossteil der Kantonsstrasse versorgt werden. Auch wurde das gewichtige öffentliche Interesse an der Mobilfunkabdeckung für Notfalldienste und die Auslösung der Feuerwehr-Sirene berücksichtigt. Angesichts dieser Tatsachen bejahte das Bundesgericht eine absolute Standortgebundenheit der Antenne, da es unvermeidlich sei, die Anlage in der Nichtbauzone zu errichten, um die Versorgungslücke zu schliessen. Die Argumente der Beschwerdeführenden, welche die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz zur Anzahl der versorgten Gebäude und der Strassenabdeckung als willkürlich rügten, wurden als unsubstantiiert oder appellatorisch zurückgewiesen.

C. Überwiegende Interessen nach Art. 24 lit. b RPG

Nach der Bejahung der Standortgebundenheit prüfte das Bundesgericht, ob überwiegende öffentliche oder private Interessen dem Bauvorhaben entgegenstehen (Art. 24 lit. b RPG). Die Fernmeldegesetzgebung (Art. 1 Abs. 2 lit. a und c FMG) soll eine zuverlässige und erschwingliche Grundversorgung mit Fernmeldediensten für alle Bevölkerungskreise in allen Landesteilen, einschliesslich Nichtbaugebieten und durchführenden Strassen, gewährleisten.

1. Prüfung von Alternativstandorten: Die Beschwerdeführenden bemängelten eine unzureichende Prüfung von Alternativstandorten. Das Bundesgericht folgte der Vorinstanz, die festhielt, dass alternative Standorte innerhalb der Bauzone aufgrund der grossen Distanz zum abzudeckenden Gebiet ausscheiden. Alternative Standorte ausserhalb der Bauzone, insbesondere die von den Beschwerdeführenden ins Spiel gebrachten Hochspannungsmasten, wurden als weniger geeignet erachtet. Die Vorinstanz hatte willkürfrei festgestellt, dass diese Masten (teilweise im Wald, ohne Strassenanschluss, hinter einer Erhebung liegend) das südliche Seitental, wo sich viele Gebäude befinden, kaum sinnvoll abdecken könnten und zudem technische Einschränkungen bestünden. Die Beschwerdeführenden konnten mit ihrer unsubstantiierten Kritik und einer unklaren Visualisierung keine Willkür darlegen. Das Bundesgericht betonte, dass die Suche nicht als ungenügend bezeichnet werden kann, zumal sich aufgrund der fehlenden Bauzone, der Topographie und des geringen Bestands an bereits vorhandenen Bauten ohnehin nur wenige alternative Standorte anbieten. Der geringe Flächenverbrauch für die Anlage, die zudem unmittelbar neben ein bereits vorhandenes Wohngebäude zu stehen kommt, wurde als erfüllt beurteilt, da sie keine erhebliche Verunstaltung des unbebauten Geländes verursache (BGE 138 II 570 E. 4.2).

2. Schutz des Orts- und Landschaftsbilds: Die Beschwerdeführenden rügten eine Verletzung der kantonalen Ästhetikklausel (Art. 17 der Bauverordnung des Kantons Bern), da der Mast zu einem dominierenden Element im Dorfzentrum werde und das Landschaftsbild dauerhaft beeinträchtige. Die Vorinstanz hatte jedoch angenommen, dass aufgrund des zurückversetzten Standorts am Fuss eines bewaldeten Hangs und der dunklen Farbgebung der Mast kaum stärker auffallen werde als vergleichbare Anlagen in ländlichen Gebieten. Das Bundesgericht bestätigte, dass diese Einschätzung nicht offensichtlich falsch sei. Auch wenn die Antenne teilweise die Horizontlinie überschreite, sei die optisch störende Wirkung beschränkt und werde durch den bewaldeten Hintergrund relativiert, insbesondere aus der Perspektive der Restaurantterrasse (80 m entfernt). Ein Augenschein wurde nicht als notwendig erachtet. Die Beschwerdeführenden legten lediglich ihre eigene Auffassung dar, ohne eine willkürliche Anwendung des kantonalen Rechts aufzuzeigen.

3. Weitere Interessen: Die Rüge einer Missachtung des gebotenen Waldabstandes wurde als nicht ausreichend begründet zurückgewiesen, da die Beschwerdeführenden keine willkürliche Anwendung des kantonalen Rechts darlegten. Das öffentliche Interesse an der Mobilfunkabdeckung für die Erreichbarkeit der Notfalldienste, einschliesslich der Feuerwehr-Sirene, wurde von der Vorinstanz zurecht als gewichtig erachtet und in die Interessenabwägung miteinbezogen.

III. Schlussfolgerung

Das Bundesgericht kam zum Schluss, dass der angefochtene Entscheid auf einer umfassenden Abwägung und Würdigung sämtlicher relevanter Interessen beruhte. Die erteilte Ausnahmebewilligung zur Erstellung der Mobilfunkanlage gestützt auf Art. 24 RPG entsprach den bundesrechtlichen Anforderungen. Die Beschwerde wurde abgewiesen.

Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:
  • Gegenstand: Baugesuch für eine Mobilfunkanlage in der Landwirtschaftszone der Gemeinde Schelten.
  • Standortgebundenheit (Art. 24 lit. a RPG): Bejaht. In der Gemeinde Schelten existieren keine Bauzonen, und eine erhebliche Deckungslücke der Mobilfunkversorgung wurde festgestellt. Der gewählte Standort dient der Behebung dieser Lücke im Nichtbaugebiet und zur Verbesserung der Notfalldienste.
  • Interessenabwägung (Art. 24 lit. b RPG): Keine überwiegenden entgegenstehenden Interessen.
    • Alternativstandorte: Wurden geprüft und die vorgeschlagenen Alternativen (insbesondere Hochspannungsmasten) als weniger geeignet beurteilt (Topographie, Erschliessung, technische Gründe). Die Standortevaluation der Swisscom und der Behörden wurde als ausreichend erachtet.
    • Orts- und Landschaftsbild: Keine erhebliche Beeinträchtigung festgestellt. Der Mast ist aufgrund seiner Lage am Hang, seiner Farbgebung und der Distanz zu sensiblen Punkten nicht als dominantes Element im Sinne einer unzulässigen Verunstaltung erachtet.
  • Resultat: Die Beschwerde wurde abgewiesen, die Baubewilligung für die Mobilfunkanlage bleibt bestehen.