Zusammenfassung von BGer-Urteil 1C_550/2024 vom 24. Oktober 2025

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Detaillierte Zusammenfassung des Urteils des Schweizerischen Bundesgerichts (1C_550/2024) vom 24. Oktober 2025 Einleitung und Sachverhalt

Das vorliegende Urteil des Bundesgerichts (1C_550/2024) vom 24. Oktober 2025 befasst sich mit einer Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen einen Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Nidwalden. Gegenstand der Beschwerde ist die Baubewilligung für eine Aussenbeleuchtung der römisch-katholischen Pfarrkirche St. Heinrich in Beckenried. Die Kirchgemeinde Beckenried beabsichtigt, die Kirche von mehreren Seiten zu beleuchten, namentlich die seeseitige Längsfassade und den Turm von unten nach oben mit sechs LED-Strahlern, die über sogenannte Gobo-Masken zur präzisen Lichtlenkung verfügen. Die Beleuchtung soll nachts zwischen 22:00 Uhr (bei besonderen Anlässen 23:00 Uhr) und 06:00 Uhr ausgeschaltet werden.

Der Beschwerdeführer, A._, Eigentümer einer benachbarten Parzelle (Nr. 695), erwarb diese Liegenschaft während des Beschwerdeverfahrens vor dem Regierungsrat des Kantons Nidwalden und trat als Rechtsnachfolger der ursprünglichen Einsprecherin B._ in das Verfahren ein. Seine Beschwerden gegen die Baubewilligung wurden vom Regierungsrat und anschliessend vom Verwaltungsgericht abgewiesen, woraufhin er das Bundesgericht anrief. Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) erachtete das angefochtene Urteil als konform mit der Umweltschutzgesetzgebung des Bundes.

Rechtliche Würdigung durch das Bundesgericht 1. Zulässigkeit und Parteistellung des Beschwerdeführers

Die Beschwerdegegnerin (Kirchgemeinde) stellte die Rechtsmittelbefugnis des Beschwerdeführers in Frage, da er ursprünglich keine Einwendungen erhoben habe und den Parteiwechsel während des Verfahrens vor dem Regierungsrat nicht genehmigt habe.

Das Bundesgericht hielt fest, dass der Parteiwechsel im kantonalen Verfahren nicht zu beanstanden sei. Da das kantonale Verfahrensrecht des Kantons Nidwalden keine spezifische Regelung für den Parteiwechsel enthielt, wurde die Zivilprozessordnung (ZPO) analog angewandt (Art. 83 ZPO), die eine Zustimmung der Gegenpartei nicht erfordert. Dies wurde als sinnvoll erachtet, um Erwerbern von Grundstücken auch bei noch nicht rechtskräftigen Bauvorhaben Rechtsmittel zu ermöglichen. Bezüglich des Einwands der Verwirkung des Rechtsmittels argumentierte das Bundesgericht, dass der Erwerb einer direkt angrenzenden Liegenschaft (Parzelle Nr. 695) eine neue Rechtsstellung begründe, die nicht mit dem früheren Eigentum an etwas weiter entfernten Grundstücken gleichzusetzen sei, für die der Beschwerdeführer die Lichtimmissionen eventuell in Kauf genommen hätte. Die Rechtsmittelbefugnis des Beschwerdeführers wurde somit bejaht.

2. Grundlagen der Beurteilung von Lichtemissionen im Umweltschutzrecht

Das Bundesgericht bestätigt, dass künstliches Licht als elektromagnetische Strahlung eine Einwirkung im Sinne von Art. 7 Abs. 1 des Umweltschutzgesetzes (USG) darstellt. Gemäss dem Vorsorgeprinzip (Art. 11 Abs. 2 USG) sind solche Einwirkungen so weit zu begrenzen, als dies technisch und betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar ist.

Für Lichtimmissionen existieren weder Immissionsgrenzwerte zur Beurteilung der Schädlichkeit oder Lästigkeit noch vorsorgliche Anlage- oder Planungswerte. Die Behörden müssen Lichtimmissionen daher im Einzelfall beurteilen, gestützt auf die Art. 11 bis 14 sowie Art. 16 bis 18 USG. Dabei können sie sich auf Empfehlungen von Fachstellen stützen, wie die Vollzugshilfe des BAFU "Empfehlungen zur Vermeidung von Lichtemissionen". Das Bundesgericht hat sich in seiner Rechtsprechung bereits mehrfach auf diese Empfehlungen bezogen (z.B. BGE 140 II 214 E. 3.2 f., BGE 140 II 33).

3. Notwendigkeit der Beleuchtung und Interessenabwägung

Der Beschwerdeführer vertrat die Auffassung, Lichtemissionen seien gänzlich verboten, wenn sie keiner zwingenden Notwendigkeit entsprächen, zumal der Regierungsrat ein öffentliches Sicherheitsinteresse an der Beleuchtung verneint hatte. Die kunsthistorische Bedeutung der Kirche allein mache eine Beleuchtung nicht notwendig und würde andere Gebäude im ISOS-Gebiet in den Hintergrund drängen.

Das Bundesgericht verwarf diese Argumentation. Es führte aus, dass das Vorsorgeprinzip des Art. 11 Abs. 2 USG im Lichte des Verhältnismässigkeitsprinzips auszulegen sei. Eine gänzliche Verbotsfolge bei fehlender "zwingender Notwendigkeit" sei nicht gegeben. Beleuchtungen sind gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung (BGE 140 II 214 E. 4.1 unter Verweis auf SIA-Normen) dann unnötig, wenn sie dem Beleuchtungszweck nicht dienen. Zur Beurteilung der Notwendigkeit ist eine einzelfallbezogene Interessenabwägung vorzunehmen.

Die Vorinstanz hatte, gestützt auf die Erwägungen des Regierungsrats, ein öffentliches Interesse an der Beleuchtung der Kirche St. Heinrich als denkmalgeschütztes Kulturobjekt im Ortskern von Beckenried bejaht. Die Beleuchtung diene der kulturhistorischen Aufwertung und sei auch aus touristischen Gründen legitim. Eine "relative Notwendigkeit" genüge. Das Bundesgericht folgte dieser Argumentation. Es befand, dass die Würdigung der örtlichen Gegebenheiten – hier die Ortsbildpflege – den kantonalen Behörden obliegt und für das Bundesgericht kein Anlass bestehe, von deren nachvollziehbaren, übereinstimmenden Beurteilung abzuweichen.

4. Übergeordnetes Beleuchtungskonzept

Der Beschwerdeführer rügte das Fehlen eines übergeordneten, gemeinde- oder quartierübergreifenden Beleuchtungskonzepts, entgegen den Empfehlungen des BAFU.

Das Bundesgericht stellte fest, dass die BAFU-Vollzugshilfe zwar grossräumige Lichtplanungen empfehle, eine solche Planung jedoch nicht bundesrechtlich vorgeschrieben sei und der Beschwerdeführer keine kantonale Verpflichtung geltend machte. Da das strittige Vorhaben räumlich beschränkt sei und ein objektbezogenes Beleuchtungskonzept eingereicht wurde, welches die Beurteilung der Auswirkungen der geplanten Beleuchtung der Pfarrkirche hinreichend ermögliche, wies das Bundesgericht diesen Einwand ab.

5. Modalitäten der Beleuchtung, Fauna- und Floraschutz sowie Einschaltzeiten

Der Beschwerdeführer kritisierte die Modalitäten der Beleuchtung als übermässig, insbesondere die unten-nach-oben-Beleuchtung, die unnötige Abstrahlungen in den Nachthimmel zur Folge habe, auch wenn Gobo-Masken verwendet würden. Er befürchtete erhebliche Auswirkungen auf Flora und Fauna (Vögel, Fledermäuse, Insekten) und bemängelte die Einschaltzeiten.

Das Bundesgericht wies auch diese Rügen ab: * Beleuchtungsart: Die Vorinstanz befand, dass das Abweichen von der Regel der Beleuchtung von oben nach unten vertretbar sei. Gobo-Masken ermöglichten eine präzise Ausleuchtung und reduzierten unerwünschte Lichtemissionen über Gebäudekanten erheblich. Das kantonale Amt für Umwelt habe das Projektionsverfahren als "derzeit besten Stand der Technik" bezeichnet und keine Einwände gegen das Beleuchtungskonzept erhoben. Selbst wenn alternative Methoden (z.B. mehr Leuchten mit geringerer Intensität direkt an der Fassade) "womöglich noch etwas weiter reduziert" werden könnten, bedeute dies nicht zwangsläufig eine Verletzung des Umweltrechts. Dem Bundesgericht ist dabei ein gewisser Spielraum der Bewilligungsbehörden zuzugestehen. Das BAFU stützte diese Einschätzung und lobte die Wahl einer warmweissen Lichtfarbe und die Abschirmung durch Gobo-Masken. * Einschaltzeiten: Die vorgesehenen Einschaltzeiten (Aus ab 22:00/23:00 Uhr bis 06:00 Uhr) wurden als angemessen befunden und entsprächen der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur zeitlichen Begrenzung nächtlicher Zierbeleuchtungen (BGE 140 II 214 E. 6.2; BGE 140 II 33 E. 5.2). * Fauna- und Floraschutz: Der Beschwerdeführer hatte keine seltenen Brut- oder Fledermausarten im Bereich der Kirche geltend gemacht. Die kantonalen Abklärungen wurden als ausreichend erachtet: Der kantonale Beauftragte für Fledermausschutz wurde angefragt, und der Gemeinde waren keine Brutplätze seltener Arten bekannt. Auch das kantonale Amt für Umwelt und das BAFU hatten diesbezüglich keine Einwände. Die Gobo-Masken böten zudem die Möglichkeit, künftig gezielt Bereiche dunkel zu halten, sollten sich dort Brutstätten ansiedeln. Die Abschaltzeiten und die Wahl von warmweissem Licht dienten dem Schutz nachtaktiver Insekten (BAFU-Empfehlung, BGE 140 II 33 E. 5.5).

Insgesamt kam das Bundesgericht zum Schluss, dass die kantonalen Behörden eine sachgerechte Abwägung der Interessen vorgenommen haben und die geplanten Massnahmen zur Begrenzung der Lichtemissionen verhältnismässig und gemäss aktuellem Stand der Technik und Praxis seien.

Schlussfolgerung des Bundesgerichts

Die Beschwerde wurde in vollem Umfang abgewiesen. Der Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten.

Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:
  1. Lichtemissionen als Einwirkung: Künstliches Licht gilt als Einwirkung gemäss USG, für die keine spezifischen Grenzwerte existieren. Die Beurteilung erfolgt im Einzelfall nach dem Vorsorge- und Verhältnismässigkeitsprinzip.
  2. Keine zwingende Notwendigkeit: Das Bundesgericht verneinte die Notwendigkeit einer "zwingenden Notwendigkeit" für Beleuchtungen. Ein relevantes öffentliches Interesse (hier: kulturhistorische Aufwertung und Ortsbildpflege der denkmalgeschützten Kirche) ist ausreichend und rechtfertigt die Beleuchtung.
  3. Fehlendes übergeordnetes Konzept: Das Fehlen eines gemeindeübergreifenden Beleuchtungskonzepts ist kein Bundesrechtsverstoss, da ein solches nicht obligatorisch ist und ein objektspezifisches Konzept für das räumlich begrenzte Vorhaben ausreicht.
  4. Verhältnismässigkeit der Modalitäten: Trotz Abweichung von der BAFU-Empfehlung zur Beleuchtungsrichtung (unten-nach-oben statt oben-nach-unten) wurden die Massnahmen (Gobo-Masken für präzise Lichtlenkung, warmweisses Licht) als dem Stand der Technik entsprechend und ausreichend zur Emissionsminderung erachtet.
  5. Zeitliche Begrenzung und Fauna-Schutz: Die nächtliche Abschaltung der Beleuchtung (22/23:00-06:00 Uhr) und die Wahl von warmweissem Licht wurden als verhältnismässig beurteilt und dienen dem Schutz nachtaktiver Tiere und Insekten. Hinreichende Abklärungen bezüglich seltener Arten wurden vorgenommen.
  6. Ermessensspielraum der Behörden: Den kantonalen Bewilligungsbehörden wird ein gewisser Spielraum bei der Beurteilung zugestanden.