Zusammenfassung von BGer-Urteil 2C_257/2024 vom 13. November 2025

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Gerne fasse ich das bereitgestellte Urteil des schweizerischen Bundesgerichts detailliert zusammen:

Detaillierte Zusammenfassung des Bundesgerichtsurteils 2C_257/2024 vom 13. November 2025

Parteien und Gegenstand: Die Parteien des Verfahrens waren A.__ (Beschwerdeführer) gegen die Kommission für das Notariat des Appellationsgerichts des Kantons Tessin (Kommission) und das Verwaltungsgericht des Kantons Tessin. Gegenstand des Rechtsstreits war das Ergebnis der schriftlichen Notariatsprüfung des Beschwerdeführers, die er im April 2023 erstmals absolviert hatte. Die Prüfung umfasste die Erstellung von drei Gesellschaftsverhandlungsprotokollen in Form öffentlicher Urkunden (Rogiti) und zwei Handelsregisteranmeldungen zur Formalisierung einer Fusionsvorgang.

Sachverhalt und Vorinstanzen: Der Beschwerdeführer erhielt zunächst eine mündliche, dann eine schriftliche negative Bewertung seiner schriftlichen Prüfung. Die Kommission vergab 53 (später auf 54 korrigierte) von maximal 90 Punkten, wobei die Bestehensgrenze bei 60 Punkten lag. Die schriftliche Begründung der Kommission nannte wesentliche Mängel und legte die Bewertungsraster bei. Der Beschwerdeführer focht diese Entscheidung vor dem Tessiner Verwaltungsgericht an. Das Verwaltungsgericht erhöhte die Punktzahl des Beschwerdeführers zwar um 5 Punkte auf insgesamt 59 Punkte (indem es einige Rügen des Beschwerdeführers anerkannte und einen arithmetischen Fehler sowie einen von der Kommission selbst eingeräumten Korrekturfehler korrigierte), bestätigte jedoch die Nichtbestehen der Prüfung, da die Bestehensgrenze von 60 Punkten um einen Punkt unterschritten wurde.

I. Zulässigkeit des Rechtsmittels vor Bundesgericht

  1. Unzulässigkeit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten: Das Bundesgericht stellte fest, dass die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gemäss Art. 83 lit. t des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) unzulässig ist, wenn sie den Ausgang von Prüfungen und anderen Eignungsbeurteilungen betrifft, insbesondere in den Bereichen Schule, Weiterbildung und Berufsausübung. Da der vorliegende Fall die Bewertung einer Fähigkeitsprüfung zur Ausübung des Notariatsberufs betrifft und die Bewertung der Prüfung vor dem Bundesgericht streitig bleibt, war die ordentliche Beschwerde unzulässig (E. 1.1).

  2. Zulässigkeit der subsidiären Verfassungsbeschwerde: Das Bundesgericht prüfte daraufhin, ob der Weg der subsidiären Verfassungsbeschwerde (Art. 113 BGG) offensteht, mit der ausschliesslich die Verletzung verfassungsmässiger Rechte (Art. 116 BGG) gerügt werden kann. Die vom Beschwerdeführer gerügten Verletzungen des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) und des Willkürverbots (Art. 9 BV i.V.m. Art. 116 BGG) sind verfassungsmässige Rechte. Da die Beschwerde fristgerecht eingereicht wurde, eine Endentscheidung einer letzten kantonalen Instanz betraf und der Beschwerdeführer ein schutzwürdiges Interesse hatte, wurde die subsidiäre Verfassungsbeschwerde als zulässig erachtet (E. 1.2).

  3. Anforderungen an die Begründung (Qualifizierte Rügepflicht): Bei der subsidiären Verfassungsbeschwerde prüft das Bundesgericht die Verletzung verfassungsmässiger Rechte nur, wenn der Beschwerdeführer die entsprechenden Rügen detailliert und präzise begründet (Art. 117 und Art. 106 Abs. 2 BGG). Eine blosse appellatorische Kritik ist ungenügend. Die Rüge einer Verletzung von Gesetzesrecht ist im Rahmen der subsidiären Verfassungsbeschwerde ausgeschlossen (E. 2.1).

  4. Sachverhaltsfeststellung: Das Bundesgericht legt seiner rechtlichen Beurteilung den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 118 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei willkürlich festgestellt worden (Art. 118 Abs. 2 BGG). Der Beschwerdeführer rügte eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung bezüglich der Bedeutung seiner handschriftlichen Notizen während des Kommissionsgesprächs. Diese Rüge wurde als unklar und unzureichend begründet abgewiesen und inhaltlich der Gehörsrüge zugeordnet (E. 2.2).

II. Formelle Rügen (Verletzung des rechtlichen Gehörs gemäss Art. 29 Abs. 2 BV)

  1. Verweigerung der Abnahme von Protokollen der Prüfungskommission: Der Beschwerdeführer rügte die Nichtbeiziehung der Protokolle der Prüfungskommission zur Genehmigung des Prüfungsthemas und zur Diskussion des Prüfungsergebnisses. Er argumentierte, ein ihm mündlich mitgeteilter "gravierender Fehler", der in der schriftlichen Begründung nicht mehr enthalten war, sei ein Indiz für eine spätere Umformulierung der Begründung, um eine Korrektur der Punktzahl zu vermeiden. Die Protokolle hätten dies beweisen können. Das Bundesgericht bestätigte die Haltung des Kantonsgerichts, das die Protokolle in antizipierter Beweiswürdigung als nicht relevant erachtete. Das Kantonsgericht hatte argumentiert, dass diese Dokumente, ähnlich wie persönliche Notizen der einzelnen Kommissionsmitglieder, interne Akten darstellten, zu denen kein Einsichtsrecht bestehe. Gemäss dem Reglement der Prüfungskommission müssten die Protokolle der Bewertungssitzungen nur das Ergebnis der Beratungen festhalten, nicht die einzelnen Meinungen oder Begründungen. Da die Bewertungsraster an den Kandidaten übermittelt wurden und dieser die Gründe für das Nichtbestehen klar verstehen konnte, sah das Bundesgericht keine willkürliche antizipierte Beweiswürdigung und somit keine Verletzung des rechtlichen Gehörs (E. 3.1.3, 3.1.4).

  2. Unzulässige "Substituierte Begründung" (Substitution von Motiven): Der Beschwerdeführer machte geltend, das Kantonsgericht habe seine Entscheidung in mehreren Punkten auf Begründungen gestützt, die nicht in der ursprünglichen Begründung der Kommission enthalten waren, wodurch sein Recht auf Äusserung zu diesen neuen Argumenten verletzt worden sei (Überraschungsverbot). Das Bundesgericht erinnerte an den Grundsatz "iura novit curia", wonach das Gericht das Recht von Amtes wegen anwendet. Ein Anspruch auf Anhörung zu Rechtsfragen besteht nur, wenn das Gericht seine Entscheidung auf Rechtsnormen oder -prinzipien stützen will, deren Relevanz vernünftigerweise nicht vorhersehbar war. Das Bundesgericht prüfte die drei konkreten Rügen des Beschwerdeführers:

    • (a) Ungenaue Formulierungen bei der Bargeldeinlage: Die Rüge, die Klauseln zur Bargeldeinlage seien unpräzise, war bereits im kantonalen Verfahren breit diskutiert worden. Die Kommission hatte bereits eine "allgemeine Ungenauigkeit" in den Akten des Beschwerdeführers festgestellt. Das Bundesgericht sah hier keine neue Begründung.
    • (b) Mangelnde Feststellung der Präsenz der Alleingeschäftsführerin: Auch diese Beobachtung war bereits von der Kommission vorgebracht worden, die das Fehlen der Feststellung einer ordnungsgemässen Einberufung der Geschäftsführung gerügt hatte. Es handelte sich somit nicht um eine neue Begründung.
    • (c) Ungenaue KMU-Verzichtserklärung: Die Kritik des Kantonsgerichts, die Verzichtserklärung sei nicht "besonders präzise", entsprach der bereits von der Kommission geäusserten Rüge, dass nicht spezifiziert sei, wie und von wem die KMU-Eigenschaft festgestellt werde. Auch hier lag keine neue Begründung vor. Das Bundesgericht kam zum Schluss, dass das Kantonsgericht keine neuen rechtlichen Argumente herangezogen hat und die vom Beschwerdeführer gerügten Punkte entweder bereits Gegenstand des Verfahrens waren, als ergänzende Überlegungen zu den knappen Begründungen der Kommission zu verstehen waren oder jedenfalls für den Beschwerdeführer vorhersehbar gewesen sein mussten. Daher lag keine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor (E. 3.2.3).

III. Materielle Rügen (Willkür bei der Prüfungsbewertung gemäss Art. 9 BV i.V.m. Art. 116 BGG)

  1. Massstab der Willkürprüfung bei Examensentscheiden: Bei der Anfechtung von Prüfungsentscheiden übt das Bundesgericht grosse Zurückhaltung. Eine Entscheidung gilt nur dann als willkürlich, wenn sie sich nicht auf ernsthafte und objektive Gründe stützt, sinn- und zwecklos erscheint, in manifestem Widerspruch zur tatsächlichen Situation steht oder eine klare und unbestrittene Rechtsnorm oder ein Rechtsprinzip schwerwiegend verletzt oder dem Gerechtigkeits- und Billigkeitsempfinden in schockierender Weise widerspricht. Das Bundesgericht greift nur ein, wenn die Begründung oder das Ergebnis offensichtlich unhaltbar ist. Dies gilt insbesondere für Notariatsprüfungen, bei denen aufgrund des Schutzzwecks des Berufs hohe Anforderungen an die Präzision und Klarheit der Akte gestellt werden (E. 4.1, 4.3).

  2. Einzelne Rügen des Beschwerdeführers:

    • Mangelnde Präzision bei der Bargeldeinlage für die Kapitalerhöhung der Sagl (Abzug von 2 Punkten): Der Beschwerdeführer kritisierte, die Bestätigungsklausel der Geschäftsführung in seinem Rogito zur Kapitalerhöhung sei nicht willkürlich als unpräzise beurteilt worden, obwohl er zu Beginn des Rogitos die Bargeldeinlage angegeben habe. Das Bundesgericht bestätigte das Kantonsgericht: Auch wenn die Bargeldeinlage erwähnt wurde, fehlte die explizite Bestätigung der Geschäftsführung, dass die Einlage tatsächlich in Geld erfolgt war. Angesichts der strengen Form- und Sachkriterien, die an eine öffentliche Urkunde zu stellen sind, war es nicht unhaltbar, diese Klausel als unpräzise zu bewerten (E. 4.4.1). Die Rüge einer willkürlichen Doppelbestrafung (je 2 Punkte Abzug für die weggelassene Angabe der Einlagenart im Gesellschafterprotokoll und die unpräzise Bestätigungsklausel im Geschäftsführungsprotokoll) wurde ebenfalls zurückgewiesen. Das Bundesgericht stellte fest, dass es sich um zwei unterschiedliche Fehler handelte, auch wenn sie thematisch zusammenhingen. Die Bewertung liegt im weiten Ermessensspielraum der Kommission und ist nicht willkürlich (E. 4.4.2).

    • Ungenauigkeit bei der Feststellung der Einberufung der Geschäftsführung (Abzug von 1 Punkt): Der Beschwerdeführer rügte den Abzug, weil er bei einer Alleingeschäftsführerin die ordnungsgemässe Einberufung der Geschäftsführung nicht explizit attestiert hatte. Das Bundesgericht bestätigte, dass es im Rahmen der an Notare gestellten hohen formellen Anforderungen nicht willkürlich ist, zu verlangen, dass die Anwesenheit der Alleingeschäftsführerin und die daraus resultierende Beschlussfähigkeit explizit im Protokoll festgehalten werden (E. 4.5).

    • Ungenauigkeit der KMU-Verzichtserklärung (Abzug von 1 Punkt): Die vom Beschwerdeführer in den Aktionärsversammlungsprotokollen formulierte KMU-Verzichtserklärung (anstelle des Standardformulars) wurde als nicht "besonders präzis" bewertet, da nicht klar hervorgehe, wer und auf welcher Basis die KMU-Eigenschaft erkläre. Das Bundesgericht führte aus, dass, wenn ein Notar eine solche Klausel selbst formuliert, diese korrekt sein und alle wesentlichen gesetzlichen Elemente enthalten muss. Die Bestätigung des Punktabzugs war daher nicht willkürlich (E. 4.6).

    • Unterlassene Nennung von Art. 805 Abs. 5 OR im Gesellschafterprotokoll der Sagl (Abzug von 2 Punkten): Der Beschwerdeführer hatte nur Art. 701 OR zitiert, nicht aber Art. 805 Abs. 5 OR, der für bestimmte Aspekte der Generalversammlung auf das Aktienrecht verweist. Das Bundesgericht bestätigte, dass der Abzug nicht nur wegen dieser Unterlassung erfolgte, sondern wegen mehrerer Ungenauigkeiten und Fehler (z.B. Fehler bei der Feststellung der Präsenz und Quoten der Gesellschafterinnen, fehlende Angaben gemäss Art. 702 Abs. 2 Ziff. 2 OR). Die mangelnde Präzision, wenn gesetzliche Grundlagen angegeben werden, und der hohe Präzisionsgrad, der in einer Notariatsprüfung erwartet wird, rechtfertigten den Abzug (E. 4.7).

    • Vermeintliche dreifache Bestrafung für die überflüssige Ernennung der Geschäftsführerin: Der Beschwerdeführer kritisierte, dass die überflüssige Ernennung einer bereits im Handelsregister eingetragenen Geschäftsführerin in drei verschiedenen Akten (Gesellschafterprotokoll, Handelsregisteranmeldung, Geschäftsführungsprotokoll) zu einem kumulierten Abzug von vier Punkten führte. Er sah darin eine unzulässige Mehrfachbestrafung für denselben Fehler. Das Bundesgericht widersprach dieser Ansicht. Es handelte sich nicht um denselben Fehler, sondern um drei unterschiedliche Fehler in drei verschiedenen Akten, die zwar thematisch miteinander verbunden waren, aber eigenständige formelle und materielle Ungenauigkeiten darstellten:

      1. Zwei Punkte Abzug für die überflüssige Ernennung der bereits amtierenden Geschäftsführerin im Gesellschafterprotokoll.
      2. Ein Punkt Abzug für die fehlerhafte Angabe im Geschäftsführungsprotokoll, die Ernennung sei an diesem Tag erfolgt.
      3. Ein Punkt Abzug für die unrichtige Angabe in der Handelsregisteranmeldung zur Löschung (E. 5.2). Der Korrekturmassstab der Prüfungskommission, der einen weiten Ermessensspielraum geniesst, war nicht willkürlich (E. 5.3).

IV. Fazit des Bundesgerichts: Die Rügen des Beschwerdeführers erschöpften sich in einer abweichenden persönlichen Lesart und Bewertung seiner Prüfungsleistungen und des angefochtenen Urteils. Er konnte keine manifeste Unhaltbarkeit der angefochtenen Entscheidung aufzeigen.

V. Entscheid: 1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist unzulässig. 2. Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird abgewiesen. 3. Die Gerichtskosten von CHF 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

Das Bundesgericht bestätigte die Nichtbestehen der schriftlichen Notariatsprüfung des Beschwerdeführers. Es erklärte die ordentliche Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten als unzulässig, behandelte das Rechtsmittel jedoch als subsidiäre Verfassungsbeschwerde. Die Rügen des Beschwerdeführers bezüglich der Verletzung des rechtlichen Gehörs (Nichtbeiziehung von internen Kommissionsprotokollen, angebliche "substituierte Begründung" durch das Kantonsgericht) wurden abgewiesen, da die Vorinstanz die Beweismittel willkürfrei würdigte und keine neuen, überraschenden rechtlichen Argumente einführte. Die materiellen Rügen gegen die Prüfungsbewertung, einschliesslich der Kritik an Punktabzügen für unpräzise Formulierungen bei der Kapitalerhöhung, der Einberufung der Geschäftsführung und der KMU-Verzichtserklärung sowie der angeblich mehrfachen Bestrafung für einen einzigen Fehler, wurden ebenfalls als unbegründet zurückgewiesen. Das Bundesgericht betonte die hohe Präzisionspflicht von Notaren und die weiten Ermessensspielräume der Prüfungskommissionen bei der Bewertung, die nur bei klarer Willkür korrigiert werden. Der Beschwerdeführer konnte keine willkürliche Bewertung nachweisen.