Zusammenfassung von BGer-Urteil 2C_489/2025 vom 18. November 2025

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Gerne fasse ich das bereitgestellte Urteil des schweizerischen Bundesgerichts detailliert zusammen:

Bundesgericht, Urteil 2C_489/2025 vom 18. November 2025

1. Parteien und Streitgegenstand: Der Beschwerdeführer A.__, ein 2005 geborener kosovarischer Staatsangehöriger, rekurrierte gegen ein Urteil des Kantonsgerichts Freiburg vom 26. Juni 2025. Dieses hatte die Verweigerung einer Aufenthaltsbewilligung zum nachträglichen Familiennachzug durch den Fribourger Dienst für Bevölkerung und Migration (Service de la population et des migrants) bestätigt. Der Beschwerdeführer begehrte die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, eventualiter unter Integrationsauflagen, subeventualiter die Rückweisung der Sache an das Kantonsgericht.

2. Sachverhalt: A._s Eltern sind geschieden, seine Mutter lebt im Kosovo. Sein Vater erhielt im März 2023 eine Niederlassungsbewilligung (C-Bewilligung), nachdem er seit dem 7. März 2018 Inhaber einer Aufenthaltsbewilligung (B-Bewilligung) zum Familiennachzug war. A.__s jüngerer Bruder B._ (geboren 2010) besitzt seit dem 21. November 2024 eine Aufenthaltsbewilligung, nachdem das Bundesgericht in einem früheren Verfahren (Urteil 2C_215/2023 vom 6. Februar 2024) dessen Beschwerde gutgeheissen und die Sache zur Neubeurteilung im Lichte von Art. 8 EMRK in Verbindung mit Art. 44 AIG an die Vorinstanz zurückgewiesen hatte. Hingegen hatte das Bundesgericht in diesem früheren Urteil die Beschwerde von A._ abgewiesen, da dessen damaliges Gesuch um Familiennachzug verspätet gewesen sei und keine schwerwiegenden familiären Gründe seine Einreise in die Schweiz gebieten würden. Am 26. Mai 2023, während das erste Verfahren noch hängig war, reichte A._ ein neues Gesuch um nachträglichen Familiennachzug ein, gestützt auf die Umwandlung der Aufenthaltsbewilligung seines Vaters in eine Niederlassungsbewilligung. Seit Sommer 2024 lebt A.__ in der Schweiz, wo er sich an einer Berufsschule eingeschrieben und eine Lehrstellenzusage erhalten hat.

3. Verfahrensverlauf vor den Vorinstanzen und dem Bundesgericht: Der Service de la population lehnte das Gesuch am 29. Januar 2025 ab, sowohl für den nachträglichen Familiennachzug als auch für einen individuellen Härtefall. Das Kantonsgericht Freiburg wies die Beschwerde von A.__ am 26. Juni 2025 ab und verneinte das Vorliegen von schwerwiegenden familiären Gründen. Das Bundesgericht gewährte mit Verfügung vom 5. September 2025 aufschiebende Wirkung bezüglich der Ausreisepflicht.

4. Erwägungen des Bundesgerichts:

4.1. Zulässigkeit der Beschwerde (kurz): Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist gemäss Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG unzulässig gegen Entscheide betreffend eine ausländerrechtliche Bewilligung, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt. Es genügt jedoch ein potenzieller, haltbar begründeter Rechtsanspruch, damit die Beschwerde zulässig ist. Massgebend für die Beurteilung der Zulässigkeit im Familiennachzugsbereich ist das Alter des Kindes zum Zeitpunkt der Gesuchseinreichung. Da A.__ bei seinem Gesuch am 26. Mai 2023 minderjährig war und sein Vater eine Niederlassungsbewilligung besitzt (was einen potenziellen Anspruch gemäss Art. 43 i.V.m. Art. 47 AIG begründen könnte), trat das Bundesgericht auf die Beschwerde ein.

4.2. Sachverhaltsfeststellung und Willkürrüge: Das Bundesgericht legte den Sachverhalt, wie er von der Vorinstanz festgestellt wurde (Art. 105 Abs. 1 BGG), zugrunde. Neue Beweismittel, die nach dem angefochtenen Entscheid entstanden sind, wurden als unzulässig erklärt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer rügte eine unvollständige Sachverhaltsfeststellung und willkürliche Beweiswürdigung (Art. 9 BV). Er machte geltend, seine Präsenz sei für seinen jüngeren Bruder aufgrund dessen gesundheitlicher Schwierigkeiten (motorische und sprachliche Probleme) unabdingbar. Das Kantonsgericht hatte jedoch festgestellt, dass die medizinische Situation des Bruders nicht die vom Beschwerdeführer behauptete Bedeutung habe und der Vater sowie schulische Betreuer in der Lage seien, den Bruder zu unterstützen, sodass die Anwesenheit des Beschwerdeführers nicht "stricto sensu" notwendig sei. Die Rüge des Beschwerdeführers, er helfe seinem Bruder sehr, genügte dem Bundesgericht nicht, um Willkür zu belegen. Eine neue ärztliche Bescheinigung zur mentalen Gesundheit des Bruders wurde als unzulässig abgewiesen. Die weiteren Rügen, betreffend die Verschlechterung des Gesundheitszustands der Mutter und eine Abhängigkeitsbeziehung zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Vater seit Sommer 2024, wurden als appellatorische Kritik abgewiesen, da sie die Anforderungen an eine Willkürrüge nicht erfüllten.

4.3. Rechtliche Würdigung der Familienzusammenführung:

4.3.1. Anspruch aus Art. 8 EMRK (Recht auf Familienleben): Das Bundesgericht prüfte, ob sich ein Aufenthaltsrecht aus Art. 8 EMRK ableiten lässt. Dies ist unter bestimmten Voraussetzungen für Ehegatten und noch minderjährige Kinder möglich, wenn der Ehepartner oder Elternteil ein gesichertes Anwesenheitsrecht in der Schweiz hat (wie bei einer Niederlassungsbewilligung). Das Bundesgericht stellt jedoch in der Regel auf das Alter des Kindes zum Zeitpunkt seines Entscheids ab (ATF 145 I 227 E. 3.1). Zum Zeitpunkt des bundesgerichtlichen Entscheids war A.__ volljährig (geboren 2005, also 2023 volljährig geworden). Eine Ausnahme vom Grundsatz, dass aus Art. 8 EMRK nach Erreichen der Volljährigkeit kein Recht mehr abgeleitet werden kann, wurde nicht gesehen. Insbesondere wurde die Dauer des Verfahrens nicht als übermässig lang beurteilt. Folglich kann der Beschwerdeführer keinen Anspruch auf eine Bewilligung aus Art. 8 EMRK ableiten.

4.3.2. Anspruch aus Art. 43 und Art. 47 AIG (Ausländer- und Integrationsgesetz): * Art. 43 AIG regelt den Anspruch auf eine Aufenthaltsbewilligung für ausländische Ehegatten und unverheiratete Kinder unter 18 Jahren von Inhabern einer Niederlassungsbewilligung. * Art. 47 Abs. 1 AIG legt Fristen für den Familiennachzug fest: 5 Jahre allgemein, aber 12 Monate für Kinder über 12 Jahre. * Art. 47 Abs. 3 AIG bestimmt den Fristenlauf: für Familienangehörige von Ausländern ab der Erteilung der Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung oder der Begründung des Familienverhältnisses. * Art. 47 Abs. 4 AIG erlaubt den nachträglichen Familiennachzug nach Ablauf der Fristen nur bei Vorliegen von schwerwiegenden familiären Gründen (gemäss Art. 75 VZAE).

4.3.3. Die Fristenlehre bei Statusänderung des Stammberechtigten: Grundsätzlich setzt ein Statuswechsel des Stammberechtigten (z.B. von B- zu C-Bewilligung) keine neue Frist im Sinne von Art. 47 Abs. 1 und 3 AIG in Gang. Die Rechtsprechung sieht jedoch eine Ausnahme vor: Ausländer, die kein Nachzugsrecht hatten (z.B. B-Bewilligungsinhaber, Art. 44 AIG) und deren erstes, fristgerecht gestelltes Gesuch erfolglos blieb, können nach dem Entstehen eines echten Nachzugsrechts (z.B. Erhalt einer Niederlassungsbewilligung) ein neues Gesuch stellen. Dieses zweite Gesuch muss jedoch ebenfalls innerhalb der gesetzlichen Fristen ab Entstehung des neuen Rechts erfolgen (ATF 137 II 393 E. 3.3; 145 II 105 E. 3.10).

4.3.4. Anwendung der Fristen auf A.__: Das Bundesgericht hatte in der früheren Sache 2C_215/2023 bereits entschieden, dass das erste Gesuch von A._ verspätet war. Sein Vater hatte am 7. März 2018 eine Aufenthaltsbewilligung erhalten. Da A._ zu diesem Zeitpunkt bereits über 12 Jahre alt war (geboren 2005), hätte der Nachzug innerhalb von 12 Monaten, d.h. bis zum 7. März 2019, beantragt werden müssen. Sein Gesuch wurde jedoch erst am 28. Juni 2021 eingereicht und war somit verspätet. Folglich kann A.__ aus der späteren Niederlassungsbewilligung seines Vaters (März 2023) kein Nachzugsrecht ableiten. Die Bedingung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, dass das erste Gesuch fristgerecht eingereicht worden sein muss, war nicht erfüllt.

4.3.5. Schwerwiegende familiäre Gründe (Art. 47 Abs. 4 AIG): Das Bundesgericht beurteilte die Existenz schwerwiegender familiärer Gründe für einen Nachzug ausserhalb der Frist restriktiv. Es muss mehr als der blosse Wunsch nach Familienzusammenführung vorliegen (ATF 146 I 185 E. 7.1.1). Gemäss Art. 75 VZAE ist dies der Fall, wenn das Kindeswohl nur durch den Nachzug in die Schweiz gewährleistet werden kann, z.B. bei Tod oder Krankheit der betreuenden Person im Herkunftsland. Dabei sind immer Alternativlösungen im Herkunftsland zu prüfen, insbesondere bei älteren Kindern, für die eine Integration in der Schweiz schwieriger ist. Der Wunsch, die Geschwister nicht zu trennen, allein reicht nicht aus, um einen nachträglichen Familiennachzug zu begründen, da dies den Zweck von Art. 47 AIG, den frühzeitigen Nachzug zu fördern, untergraben würde. Anwendung auf den Fall A.__: A.__ ist fast 20 Jahre alt und lebte bis Sommer 2024 im Kosovo, auch nach der Scheidung der Eltern und der Ausreise des Vaters 2018. Seine Mutter konnte ihn und seinen jüngeren Bruder trotz ihrer Krankheit versorgen. Der Beschwerdeführer ist im Sommer 2024 illegal in die Schweiz eingereist und geblieben, obwohl er zu diesem Zeitpunkt bereits volljährig war und sein eigenes Nachzugsgesuch zuvor abgelehnt worden war. Die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Unterstützung für seinen jüngeren Bruder, der zwar Schwierigkeiten hat, wurde vom Kantonsgericht nicht als "stricto sensu" notwendig erachtet, da andere Personen für die Betreuung zur Verfügung stünden. Das Bundesgericht betonte, dass die Situation des Bruders und die Unterstützung durch den Beschwerdeführer nicht als schwerwiegender familiärer Grund anerkannt werden können, da dies die "Politik des fait accompli" und die Missachtung gerichtlicher Entscheidungen belohnen würde. Auch die geltend gemachte gute Integration des Beschwerdeführers in der Schweiz (Französischkenntnisse, Schulfortschritte) ist im Kontext von Art. 47 Abs. 4 AIG nicht relevant für die Beurteilung schwerwiegender familiärer Gründe.

5. Schlussfolgerung: Das Bundesgericht kam zum Schluss, dass das Kantonsgericht weder Art. 8 EMRK noch Art. 47 Abs. 4 AIG verletzt hat. Es bestanden keine schwerwiegenden familiären Gründe für einen nachträglichen Familiennachzug. Die Beschwerde wurde abgewiesen.

Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

Das Bundesgericht lehnte den nachträglichen Familiennachzug für den 2005 geborenen kosovarischen Staatsangehörigen A.__ ab.

  1. Kein Anspruch aus Art. 8 EMRK: Der Beschwerdeführer war zum Zeitpunkt des bundesgerichtlichen Entscheids volljährig und konnte daher kein Recht auf Familienleben gemäss Art. 8 EMRK geltend machen. Eine Ausnahme wegen übermässiger Verfahrensdauer wurde verneint.
  2. Fristversäumnis beim ersten Gesuch: Obwohl der Vater des Beschwerdeführers inzwischen eine Niederlassungsbewilligung besitzt, konnte der Beschwerdeführer daraus kein neues Nachzugsrecht ableiten. Die Bundesgerichtspraxis verlangt, dass bereits das erste Gesuch um Familiennachzug fristgerecht eingereicht wurde, was im Fall von A.__ nicht der Fall war (sein erstes Gesuch war 2021 eingereicht worden, die Frist war jedoch bereits 2019 abgelaufen).
  3. Keine schwerwiegenden familiären Gründe: Die Voraussetzungen für einen nachträglichen Familiennachzug gemäss Art. 47 Abs. 4 AIG (schwerwiegende familiäre Gründe) waren nicht erfüllt. Die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Unterstützung für seinen jüngeren Bruder wurde nicht als unabdingbar erachtet, und das Bundesgericht lehnte es ab, eine "Politik des fait accompli" (illegale Einreise als Erwachsener) zu belohnen. Die erfolgreiche Integration in der Schweiz ist in diesem Kontext kein relevanter Grund.

Die Beschwerde wurde abgewiesen.