Zusammenfassung von BGer-Urteil 4A_245/2025 vom 29. Oktober 2025

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Detaillierte Zusammenfassung des Urteils des Schweizerischen Bundesgerichts (4A_245/2025) vom 29. Oktober 2025

1. Parteien und Streitgegenstand

Das vorliegende Urteil betrifft die Beschwerde in Zivilsachen von A._ (fortan: der Beschwerdeführer) gegen B._ (fortan: der Beschwerdegegner). Streitgegenstand ist die Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines öffentlich beurkundeten Kaufsrechtsvertrages über landwirtschaftliche Grundstücke.

2. Sachverhalt und Prozessgeschichte

Der Beschwerdeführer, ein Landwirt kurz vor der Pensionierung, plante ab 2016 die Hofnachfolge für seinen landwirtschaftlichen Betrieb in X.__. Nach Verhandlungen, an denen landwirtschaftliche Berater und kantonale Behörden beteiligt waren, räumte er dem Beschwerdegegner am 24. Oktober 2018 mittels öffentlicher Urkunde ein Kaufsrecht an seinen landwirtschaftlichen Grundstücken zum Preis von CHF 1'358'121.-- ein. Das Kaufsrecht war bis zum 31. Dezember 2021 gültig, wobei ein Teilbetrag bereits hinterlegt wurde. Die Urkunde sah vor, dass der Beschwerdeführer seine Tätigkeit als Betriebsleiter bis zum 31. Dezember 2021 fortsetzen konnte.

Ab 2019 äusserte der Beschwerdeführer seine Unzufriedenheit mit dem Vertrag, insbesondere da dieser seiner Meinung nach nicht alle mündlichen Abreden enthielt und ihm der Inhalt nicht ausreichend erklärt worden sei. Er erklärte sich nicht mehr an den Vertrag gebunden, was zu umfangreichen rechtlichen Auseinandersetzungen führte.

Am 13. Oktober 2020 reichte der Beschwerdeführer ein Schlichtungsgesuch zur Feststellung der Nichtigkeit des Kaufsrechts ein. Am 9. November 2020 beantragte der Beschwerdegegner die kaufrechtliche Bewilligung für den Erwerb der Grundstücke, welche am 1. Dezember 2020 trotz Opposition des Beschwerdeführers erteilt wurde. Am 8. April 2021 übte der Beschwerdegegner das Kaufsrecht aus, und die Eigentumsübertragung wurde am 9. April 2021 im Grundbuch formalisiert. Rekurse des Beschwerdeführers gegen die Bewilligung wurden in der Verwaltungsgerichtsbarkeit wegen mangelnder Legitimation bis vor Bundesgericht abgewiesen (zuletzt BGer 2C_51/2023 vom 21. Februar 2024).

Im zivilrechtlichen Verfahren reichte der Beschwerdeführer am 8. September 2021 Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des Kaufsrechtsvertrages ein, gestützt auf die Verletzung des bäuerlichen Bodenrechts, Sittenwidrigkeit (fiktiver Preis), wesentlichen Irrtum und Simulation. Der Pretore von Lugano wies die Klage am 23. Juli 2024 ab. Die von der II. Zivilkammer des Appellationsgerichts des Kantons Tessin am 22. April 2025 abgewiesene Berufung führte zur vorliegenden Beschwerde in Zivilsachen.

3. Rechtliche Erwägungen des Bundesgerichts

Das Bundesgericht prüfte die Beschwerde, soweit zulässig, und bestätigte die vorinstanzlichen Entscheidungen im Wesentlichen.

3.1 Rügeprinzip und Sachverhaltsfeststellung

Das Bundesgericht weist einleitend auf die strengen Anforderungen an die Begründung einer Beschwerde in Zivilsachen hin (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG). Es prüft Bundesrecht von Amtes wegen, berücksichtigt aber grundsätzlich nur die im Rechtsmittel vorgebrachten Rügen und Argumente. Eine Abweichung von den Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz ist nur möglich, wenn diese offensichtlich unrichtig (willkürlich) sind oder auf einer Rechtsverletzung beruhen (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG). Eine blosse appellatorische Kritik an der Beweiswürdigung oder die Darlegung eines eigenen, vom angefochtenen Urteil abweichenden Sachverhalts genügt nicht.

3.2 Angeblich fehlende essentielle Vertragsbedingungen (Wohnrecht, Weiterarbeit)

Der Kern des Beschwerdebegehrens des Beschwerdeführers war die Behauptung, essentielle Bedingungen des Vertrages – insbesondere sein Recht, nach der Veräusserung der Grundstücke im Bauernhaus zu wohnen und als Landarbeiter für den Erwerber tätig zu sein – seien nicht in der öffentlichen Urkunde enthalten gewesen. Er rügte, die Vorinstanz habe diese Tatsache willkürlich ignoriert.

Das Bundesgericht bestätigte jedoch die willkürfreie Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz. Diese hatte anhand zahlreicher Beweismittel (Schreiben der Sektion Landwirtschaft, E-Mail eines Agraringenieurs, Erklärungen des Beschwerdeführers und Zeugenaussagen von Beratern und Notar) festgestellt, dass die Parteien die Möglichkeit des Verbleibs des Beschwerdeführers im Betrieb und seine künftige Anstellung nicht als integrale, essentielle Bedingungen des Kaufsrechtsvertrages betrachtet hatten. Vielmehr beabsichtigten sie, diese Aspekte später in separaten und entgeltlichen Verträgen (Mietvertrag, Arbeitsvertrag) zu regeln.

Da diese Punkte nach dem festgestellten Willen der Parteien nicht zum Kaufsrechtsvertrag gehörten, sondern gesondert behandelt werden sollten, sah das Bundesgericht auch keinen Grund, sich mit den darauf gestützten Rügen zur Nichtigkeit nach Art. 70 des Bundesgesetzes über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB) oder zu einem wesentlichen Irrtum auseinanderzusetzen.

3.3 Notarpflicht und Gültigkeit der Urkunde

Der Beschwerdeführer kritisierte das Verhalten des Notars und warf ihm unzureichende Information und die Verletzung seiner Pflichten (Sorgfalt, Unparteilichkeit, Feststellung des wahren Parteiwillens gemäss Notariatsgesetz des Kantons Tessin und Art. 9 ZGB) vor. Er machte geltend, der Notar hätte ein Wohnrecht oder eine Mietverpflichtung im Grundbuch eintragen lassen müssen.

Das Bundesgericht hielt fest, dass Rügen betreffend die Verletzung des kantonalen Notariatsgesetzes in erster Linie vor der Notariatsdisziplinarkommission zu erheben sind und nicht Gegenstand des vorliegenden Zivilverfahrens bilden können. Zudem bekräftigte das Gericht, dass eine unzureichende oder fehlerhafte Belehrung durch den Notar zwar zu einer Haftung des Notars führen kann, aber grundsätzlich nicht die Gültigkeit der öffentlichen Urkunde beeinträchtigt. Massgebend für die Gültigkeit des Vertrages ist der tatsächlich festgestellte Wille der Parteien.

3.4 Anwendung des Bäuerlichen Bodenrechts (BGBB)

Der Beschwerdeführer rügte die mangelnde Anwendung von Art. 70 BGBB (Nichtigkeit wegen Überpreises oder Umgehung des bäuerlichen Bodenrechts). Er argumentierte, der Kaufpreis sei wahrscheinlich überhöht gewesen, da der Wert von Direktzahlungen, die Verwaltung des Betriebs und unentgeltliche Hilfeleistungen bei der Preisberechnung nicht berücksichtigt worden seien.

Das Bundesgericht wies diese Rügen ab. Es bestätigte die vorinstanzliche Haltung, wonach die Beurteilung der BGBB-Konformität und die Erteilung der entsprechenden Bewilligung der zuständigen Verwaltungsbehörde obliegt. Deren rechtskräftiger Entscheid ist für den Zivilrichter bindend, es sei denn, es läge ein absoluter Nichtigkeitsgrund vor. Eine Nichtigkeit nach Art. 70 BGBB betrifft einen Akt, für den eine Bewilligung erteilt wurde, nicht, da diese die Gültigkeit bestätigt. Ein Widerruf der Bewilligung ist nur unter den engen Voraussetzungen des Art. 71 BGBB (falsche Angaben) möglich, was hier nicht geltend gemacht wurde. Der zivilrechtliche Richter ist nicht befugt, die behördliche Preisprüfung zu ersetzen oder die Bewilligung in Frage zu stellen.

3.5 Irrtum und absichtliche Täuschung

Basierend auf der willkürfrei festgestellten Tatsache, dass die angeblich fehlenden Konditionen nicht als essentielle Bestandteile des Kaufsrechtsvertrages, sondern als separat zu regelnde, entgeltliche Leistungen von den Parteien gewollt waren, verneinte das Bundesgericht das Vorliegen eines wesentlichen Irrtums (Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR) oder einer absichtlichen Täuschung (Art. 28 OR). Der Beschwerdeführer konnte die Behauptung, er sei von B.__ oder dem Notar getäuscht worden, nicht substanziieren.

3.6 Weitere Rügen (Prozedurale Fragen)

Weitere prozedurale Rügen des Beschwerdeführers, wie die Verletzung der Mitwirkungspflicht (Art. 160 ZPO), die Zuständigkeit der II. statt der I. Zivilkammer des Appellationsgerichts oder die unrechtmässige Eintragung der Eigentumsübertragung, wurden entweder als unbegründet oder als unzulässig (insbesondere wegen verspäteter Geltendmachung oder mangelnder Auseinandersetzung mit der Begründung der Vorinstanz) abgewiesen.

4. Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte

Das Bundesgericht hat die Beschwerde in Zivilsachen gegen das Urteil des Tessiner Appellationsgerichts abgewiesen. Die zentralen Punkte des Entscheids sind:

  • Keine Nichtigkeit des Kaufsrechtsvertrages: Die vom Beschwerdeführer behaupteten «essentiellen Bedingungen» (Wohnrecht, Weiterarbeit als Landarbeiter) waren nach willkürfreier Feststellung der Vorinstanz nicht als Teil des Kaufsrechtsvertrages, sondern als separat und entgeltlich zu regelnde Vereinbarungen vorgesehen.
  • Kein Notarfehler, der zur Nichtigkeit führt: Auch eine allfällige unzureichende Belehrung durch den Notar hätte nicht die Nichtigkeit der öffentlichen Urkunde zur Folge. Disziplinarische Fragen sind von der Gültigkeit des Vertrages zu trennen.
  • Bindende Verwaltungsbewilligung: Die Einhaltung des BGBB wurde von der zuständigen Verwaltungsbehörde geprüft und bewilligt. Dieser rechtskräftige Verwaltungsakt ist für den Zivilrichter bindend. Eine Nichtigkeit nach Art. 70 BGBB wurde verneint.
  • Kein Irrtum oder Täuschung: Da keine willkürlich festgestellten, fehlenden Vertragsbestandteile vorlagen, konnten auch die Voraussetzungen für einen wesentlichen Irrtum oder eine absichtliche Täuschung nicht bejaht werden.
  • Sachverhaltsfeststellung und Rügeprinzip: Die Beschwerde scheiterte weitgehend an der unzureichenden oder appellatorischen Kritik der willkürfreien Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz und an der mangelnden Auseinandersetzung mit deren rechtlicher Begründung.

Das Bundesgericht bestätigte damit die Gültigkeit des Kaufsrechtsvertrages und die Rechtmässigkeit der erfolgten Eigentumsübertragung.