Zusammenfassung von BGer-Urteil 5A_454/2025 vom 27. November 2025

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Detaillierte Zusammenfassung des Urteils des Bundesgerichts 5A_454/2025 vom 27. November 2025

1. Verfahrensbeteiligte und Gegenstand

In der vorliegenden Beschwerde in Zivilsachen befasste sich das Bundesgericht mit einem Fall der Grundeigentümerhaftpflicht gemäss Art. 679 i.V.m. Art. 684 ZGB. Die Beschwerdeführerin, A._ GmbH, welche Hanfprodukte auf einem gemieteten Gewerberaum im Industriequartier "D._" in U._ (AG) produzierte, forderte von der Beschwerdegegnerin, B._ AG (Eigentümerin des Nachbargrundstücks und Vermieterin), Schadenersatz in der Höhe von CHF 54'221.89 plus Zinsen. Dies aufgrund eines Grossbrandes vom 29. Mai 2022, der auf dem Grundstück der Beschwerdegegnerin ausbrach und auf die Liegenschaft der Beschwerdeführerin übergriff, wodurch deren Hanfplantage, Lager und Inventar zerstört wurden.

2. Sachverhalt und Vorinstanzliches Verfahren

Der Brand brach an der C._strasse xxx aus und griff auf die Liegenschaften yyy und zzz über. Die Beschwerdeführerin, deren gemietete Räumlichkeiten sich an der C.__strasse yyy befanden, erlitt einen geschätzten Schaden von rund CHF 1.5 Mio. Nach erfolglosen aussergerichtlichen Verhandlungen klagte die A._ GmbH vor dem Handelsgericht des Kantons Aargau. Das Handelsgericht wies die Klage mit Urteil vom 7. Mai 2025 ab, da es die Haftung der B.__ AG verneinte. Es begründete dies im Wesentlichen damit, dass die Brandursache nicht abschliessend geklärt sei. Die Beschwerdeführerin gelangte daraufhin mit Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht, mit dem Antrag, das Urteil des Handelsgerichts aufzuheben, die Haftung der Beschwerdegegnerin zu bejahen und die Sache zur Schadensberechnung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

3. Rechtliche Grundlagen der Grundeigentümerhaftpflicht (Art. 679 und 684 ZGB)

Das Bundesgericht rekapituliert zunächst die massgeblichen Bestimmungen des Zivilgesetzbuches: * Art. 684 Abs. 1 ZGB: Jedermann hat sich bei der Ausübung seines Grundeigentums, namentlich beim Betrieb eines Gewerbes, aller übermässigen Einwirkung auf das Eigentum des Nachbarn zu enthalten. * Art. 684 Abs. 2 ZGB: Als verboten gelten insbesondere schädliche und nach Lage, Beschaffenheit der Grundstücke oder Ortsgebrauch nicht gerechtfertigte Einwirkungen durch Rauch, Russ, Dünste, Lärm oder Erschütterung. * Art. 679 ZGB: Wer durch die Überschreitung des Eigentumsrechts eines Grundeigentümers geschädigt oder mit Schaden bedroht wird, kann auf Beseitigung der Schädigung oder Schutz vor drohendem Schaden und auf Schadenersatz klagen.

Das Bundesgericht hält fest, dass in den Anwendungsbereich der übermässigen Einwirkungen gemäss Art. 684 ZGB alles fällt, was sich als unwillkürliche Folge eines mit der Nutzung oder Bewirtschaftung eines Grundstücks adäquat kausal zusammenhängenden menschlichen Verhaltens auf dem betroffenen Grundstück auswirkt (BGE 143 III 242 E. 3.2; BGE 93 II 230 E. 3b). Wichtig ist hierbei, dass die Ansprüche aus Art. 679 ZGB nicht nur dem Grundeigentümer, sondern jedem Besitzer der Sache – mithin auch dem Mieter – zustehen (BGE 109 II 304 E. 2).

4. Begründung des Handelsgerichts und Rügen der Beschwerdeführerin

Das Handelsgericht hatte die Haftung der Beschwerdegegnerin verneint, da die Brandursache als nicht erstellt bzw. ungeklärt beurteilt wurde, wie der Bericht des Kriminaltechnischen Dienstes (Fachbericht) festhielt. Es sei nicht ausreichend, dass das Feuer vom Nachbargrundstück ausging; vielmehr sei erforderlich, dass es auf menschliches Verhalten zurückzuführen sei. Eine Vorsatzhandlung oder ein Defekt am Ladegerät eines Staplers oder dem zuführenden Stromkabel konnten zwar nicht ausgeschlossen werden, jedoch auch nicht abschliessend als Brandursache festgestellt werden. Insbesondere sei unklar geblieben, ob die am Ladekabel gefundenen Perlungen primär (als Brandursache) oder sekundär (als Brandfolge) entstanden seien.

Die Beschwerdeführerin rügte vor Bundesgericht im Wesentlichen: * Eine falsche Verteilung der Beweislast (Art. 679 i.V.m. Art. 8 ZGB), indem das Handelsgericht ihr den Beweis eines menschlichen Verhaltens als Brandursache auferlegt habe. Ein Verschulden sei nicht erforderlich; vielmehr müsse der Haftpflichtige (Beschwerdegegnerin) Entlastungsgründe wie höhere Gewalt, Selbst- oder Drittverschulden beweisen. * Die Anwendung eines falschen Beweismasses sowie eine unvollständige Feststellung des Sachverhalts (Art. 9 BV). Der Fachbericht habe alle Brandursachen ausser einer technischen Ursache ausgeschlossen und überwiegende Indizien für einen Kurzschluss angeführt. Für den Kausalzusammenhang sei das Beweismass der überwiegenden Wahrscheinlichkeit ausreichend, zumal bei Beweisnot (wie hier) der Beweis auch mit Indizien geführt werden könne.

5. Prüfung der Rügen durch das Bundesgericht

5.1. Beweislastverteilung (Art. 8 ZGB, Art. 679 ZGB) Das Bundesgericht weist den Vorwurf der falschen Beweislastverteilung zurück. Gemäss Art. 8 ZGB trägt die geschädigte Person (Beschwerdeführerin) die Beweislast für alle Tatsachen, aus denen sich eine Haftung nach Art. 679 i.V.m. Art. 684 ZGB ergibt. Dazu gehört insbesondere der Beweis, dass die Störung – hier der Brand – auf einem mit der Benutzung oder Bewirtschaftung des Grundstücks zusammenhängenden menschlichen Verhalten beruht. Allein der Umstand, dass das Feuer vom Nachbargrundstück ausging, genügt für diesen Beweis nicht. Menschliches Verhalten, das nicht im Zusammenhang mit der Nutzung oder Bewirtschaftung des Grundstücks steht (z.B. Brandstiftung durch einen unbekannten Dritten), löst keine Haftung aus. Das Handelsgericht habe die Möglichkeit eines unbekannten Brandstifters lediglich als Beispiel für ein solches nicht haftungsauslösendes Verhalten genannt und damit der Beschwerdeführerin nicht die Beweislast auferlegt, Brandstiftung auszuschliessen.

5.2. Beweismass (überwiegende Wahrscheinlichkeit) Das Bundesgericht bestätigt die Rüge der Beschwerdeführerin, dass bei der Klärung von Brandursachen in der Regel Beweisnot vorliegt, da das Feuer oft die Spuren zerstört. Daher ist das Regelbeweismass der vollen Überzeugung hier nicht anwendbar; es genügt das Beweismass der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 140 III 610 E. 4.1). Eine Tatsache gilt demnach als bewiesen, wenn nach objektiven Gesichtspunkten derart gewichtige Gründe für ihre Richtigkeit sprechen, dass andere denkbare Möglichkeiten vernünftigerweise nicht massgeblich in Betracht fallen.

Trotz dieser Bestätigung weist das Bundesgericht die Rüge der Beschwerdeführerin in diesem Punkt zurück. Es sei nicht ersichtlich, dass das Handelsgericht die Erwägungen tatsächlich auf das falsche Regelbeweismass abgestützt hätte, auch wenn es sich nicht explizit dazu äusserte. Aus einem "missliebigen Beweisergebnis" könne die Anwendung eines falschen Beweismasses nicht abgeleitet werden.

5.3. Willkürliche Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung (Art. 9 BV) Die Beschwerdeführerin versuchte, die vorinstanzliche Beweiswürdigung als willkürlich anzugreifen. Willkür liegt vor, wenn das Gericht den Sinn und die Tragweite eines Beweismittels offensichtlich verkannt, ein wichtiges Beweismittel unberücksichtigt gelassen oder unhaltbare Schlussfolgerungen gezogen hat (BGE 140 III 264 E. 2.3). * Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft: Das Bundesgericht stellt klar, dass die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft kein Beweismittel ist, sondern ein behördlicher Entscheid, an den das Handelsgericht nicht gebunden war. Daher war es nicht zu beanstanden, dass das Handelsgericht nicht ausführlich darauf einging. * Fachbericht: Die Beschwerdeführerin legte ihre eigene Interpretation des Fachberichts dar. Das Bundesgericht hält dem entgegen, dass der Fachbericht zwar eine "technische Ursache" in den Vordergrund stellte und von einer "These" sprach, aber ausdrücklich festhielt, dass der Sachbeweis aufgrund der massiven Zerstörung nicht abschliessend erbracht werden konnte. Die Feststellung, dass keine Spuren für andere Ursachen gefunden wurden, bedeutete nicht deren Ausschluss, sondern war eine Folge der Zerstörung. Das Bundesgericht verweist darauf, dass menschliches Fehlverhalten (z.B. weggeworfene Zigarettenkippe) oder Brandstiftung nicht ausgeschlossen werden konnten, auch wenn sie weniger wahrscheinlich erschienen. Entscheidend war die Unklarheit bezüglich der Perlungen am Ladekabel, ob diese primär brandursächlich oder sekundär brandbedingt waren. * Fazit zur Beweiswürdigung: Angesichts dieser Beweislage und der klaren Feststellung der Vorinstanz, dass die Brandursache nicht abschliessend geklärt werden konnte, liegt nach Ansicht des Bundesgerichts keine willkürliche Beweiswürdigung vor.

6. Ergebnis

Da somit nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststeht, dass der Brand auf ein menschliches Verhalten im Zusammenhang mit der Nutzung oder Bewirtschaftung des Grundstücks der Beschwerdegegnerin zurückzuführen ist, entfällt eine Haftung gemäss Art. 679 i.V.m. Art. 684 ZGB. Das Bundesgericht hat die Beschwerde der A.__ GmbH abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden konnte.

7. Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte

Das Bundesgericht hat in seinem Urteil 5A_454/2025 die Haftung der Grundeigentümerin für einen Brand auf dem Nachbargrundstück verneint. Es bestätigte, dass die geschädigte Partei (Mieterin) beweisen muss, dass der Brand auf ein menschliches Verhalten im Zusammenhang mit der Nutzung oder Bewirtschaftung des Grundstücks zurückzuführen ist. Bei der Klärung von Brandursachen gilt das Beweismass der überwiegenden Wahrscheinlichkeit aufgrund der typischerweise vorliegenden Beweisnot. Das Handelsgericht hat die Brandursache als nicht abschliessend geklärt beurteilt, da auch die im Vordergrund stehende These einer technischen Ursache (Kurzschluss) aufgrund der massiven Zerstörung nicht bewiesen werden konnte und andere Ursachen nicht gänzlich ausgeschlossen waren. Das Bundesgericht fand keine willkürliche Beweiswürdigung der Vorinstanz und wies die Beschwerde ab, da die Haftungsgrundlage somit fehlte.