Zusammenfassung von BGer-Urteil 1C_171/2025 vom 6. November 2025

Es handelt sich um ein experimentelles Feature. Es besteht keine Gewähr für die Richtigkeit der Zusammenfassung.

Gerne fasse ich das bereitgestellte Urteil des schweizerischen Bundesgerichts detailliert zusammen:

Bundesgericht, Urteil 1C_171/2025 vom 6. November 2025

1. Parteien und Streitgegenstand

  • Beschwerdeführer: A.__, ein Kardiologe.
  • Beschwerdegegner: Hôpital B.__ (im Folgenden: Spital).
  • Gegenstand: Öffentlich-rechtliches Arbeitsverhältnis (Lohn/Vergütung), insbesondere die Frage, ob eine vertragliche Vereinbarung zur Garantie eines Mindestlohns zwischen dem Kardiologen und dem Spital zustande gekommen ist.
  • Vorinstanz: I. Cour administrative des Kantonsgerichts Freiburg, Urteil vom 19. Februar 2025.

2. Sachverhalt und Gang des Verfahrens

A._ war seit dem 1. Januar 1992 als Adjunkt in der Kardiologie des Hôpital B._ angestellt. Gemäss seinem Arbeitsvertrag vom 17. Dezember 2013 umfasste sein Lohn ein anfängliches Jahresgehalt von CHF 137'223.85 (bei 80%-Pensum) sowie eine Honorarvergütung pro persönlich erbrachte Leistung (Annex 1 und 2).

Im September 2017 führten die Einführung des neuen Tarifsystems Swiss Diagnosis Related Groups (SwissDRG) und die damit verbundenen finanziellen Anreize dazu, dass Ärzte des Spitals die Direktion auf die Förderung stationärer elektiver Eingriffe gegenüber ambulanten Leistungen ansprachen. Im Jahr 2018 wurden daraufhin Gespräche mit den Kardiologen über eine Anpassung ihrer Arbeitsverträge geführt. Mit Schreiben vom 5. Juli 2018 sandte das Spital A.__ einen neuen Annex 1 zum Arbeitsvertrag betreffend die Honorare zu, der rückwirkend auf den 1. Januar 2018 in Kraft trat. Dieser Annex regelte primär die Aufteilung der Honorare zwischen den Ärzten und dem Spital zur spezifischen Förderung stationärer Leistungen.

Am 16. Juli 2018 schlugen die Kardiologen dem Spital vor, die Honorare für 2016 und 2017 neu zu bewerten, wobei sie eine Garantie von 105% der Honorarmasse sowie eine Rückvergütung von 5-10% ihrer Honorare bei einem Gesamtgewinn des Spitals von über 25% forderten. Das Spital antwortete am 13. August 2018 lediglich, man werde sich wieder melden.

Am 20. Januar 2020 schrieb A.__ der Spitaldirektion, er habe eine erhebliche Einkommensminderung erlitten, da er nicht mehr voll von den "DRG-Patienten" profitiere, nachdem er nach der Pensionierung eines Kollegen wieder Sprechstunden übernehmen musste. Er behauptete, gemäss einem "mündlichen Vertrag" mit dem Spital stünde ihm ein Bruttoeinkommen von CHF 749'111 zu (Durchschnitt 2016-2017 zuzüglich 10%), tatsächlich aber nur CHF 609'071 erhalten zu haben. Er forderte die Nachzahlung des Bruttofehlbetrags von CHF 280'080 zur Einzahlung in die Pensionskasse. Das Spital antwortete, seine Vergütungen für 2018 und 2019 seien unter der angegebenen Obergrenze geblieben (Durchschnitt 2015-2017 plus 5%, bzw. 10% bei sehr hohen Einnahmen). Ab dem 1. Mai 2020 wurde ihm ein neuer Arbeitsvertrag unterbreitet.

Am 10. November 2022 mahnte A.__ das Spital zur Zahlung von CHF 410'914 als entgangenen Gewinn für die Jahre 2018 bis 2020. Er stützte seine Forderung auf eine angebliche "2018 erzielte Vereinbarung", die ihm einen Mindestlohn basierend auf dem Durchschnitt der Jahre 2015-2016 plus 5% (oder 10% bei hoher Gewinnmarge des Spitals) garantiere.

Das Spital wies diese Forderungen mit Entscheid vom 2. Oktober 2023 zurück. Die hiergegen gerichtete Beschwerde von A._ beim Freiburger Kantonsgericht wurde mit Urteil vom 19. Februar 2025 ebenfalls abgewiesen. Dagegen reichte A._ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht ein, mit dem Hauptantrag, das Spital zur Zahlung von CHF 411'514.30 brutto (abzüglich Sozialabgaben) zuzüglich Zinsen zu verpflichten.

3. Rechtliche Erwägungen des Bundesgerichts

Das Bundesgericht prüfte die Rügen des Beschwerdeführers bezüglich der Verletzung des Sachverhalts (willkürliche Feststellung), der Verletzung des Rechts, des Anspruchs auf rechtliches Gehör und des Prinzips von Treu und Glauben.

  • 3.1. Prüfungsstandard für Sachverhaltsfeststellungen (E. 2.1) Das Bundesgericht legt seinen Urteilen grundsätzlich den Sachverhalt zugrunde, wie ihn die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Eine Sachverhaltsrüge kann nur vorgebracht werden, wenn die Feststellungen willkürlich (Art. 9 BV) oder auf einer Rechtsverletzung (Art. 95 BGG) beruhen und die Behebung des Mangels entscheidwesentlich ist (Art. 97 Abs. 1 BGG). Appellatorische Kritik ist unzulässig. Da der Beschwerdeführer seine Sachverhaltsdarstellung teilweise ohne Begründung als appellatorische Vorbringen vorbringt, werden diese nicht berücksichtigt.

  • 3.2. Anwendbares Recht (E. 2.2-2.3) Das Arbeitsverhältnis des Beschwerdeführers unterstand dem kantonalen Personalrecht (LPers, RS/FR 122.70.1), welches in Art. 30 Abs. 3 LPers die Schriftform für Anstellungsverträge vorsieht, es sei denn, der Vertrag sei auf weniger als drei Monate befristet und die Umstände rechtfertigten eine mündliche Form. Für Oberärzte galten zudem spezifische Reglemente. Unbestritten war, dass der Beschwerdeführer einem öffentlich-rechtlichen Vertrag unterstand. Die umstrittene Vergütung sollte die Förderung stationärer elektiver Eingriffe infolge der SwissDRG-Einführung entgelten. Der Annex vom 5. Juli 2018 betraf lediglich eine neue Verteilung der Honorare für persönliche Leistungen.

  • 3.3. Kernfrage: Bestand einer Vereinbarung über eine Vergütungsgarantie (E. 3) Die zentrale Streitfrage war, ob ein Vertrag zwischen A.__ und dem Spital bestand, der ihm 105% seiner Vergütung auf Basis des Honorardurchschnitts 2015/2016 garantierte. Das Kantonsgericht verneinte dies, auch nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit.

    • 3.3.1. Grundsätze der Vertragsauslegung (E. 3.1) Das Bundesgericht erläutert die Prinzipien der Vertragsauslegung, die auch für öffentlich-rechtliche Verträge gelten: Zuerst wird der tatsächliche und übereinstimmende Wille der Parteien (subjektive Auslegung, tatsächlicher Konsens) ermittelt. Ist dies nicht möglich, weil sich die Parteien nicht verstanden haben (versteckter Dissens), wird der Vertrag nach dem Vertrauensprinzip objektiv ausgelegt (normativer Konsens). Dabei wird ermittelt, wie die Willenserklärungen nach Treu und Glauben verstanden werden durften und mussten (Verweis auf BGE 149 V 203, 148 V 70, 144 V 84, 144 III 93).

    • 3.3.2. Beweiswürdigung und Sachverhaltsfeststellung (E. 3.2) Für die Ermittlung des tatsächlichen Willens dienen alle Umstände (schriftliche/mündliche Erklärungen, allgemeiner Kontext, früheres/späteres Verhalten). Die Würdigung dieser Indizien ist eine Sachverhaltsfrage, die das Bundesgericht nur auf Willkür hin überprüft (Art. 105 Abs. 1, 97 Abs. 1 BGG i.V.m. Art. 9 BV; Verweis auf BGE 144 III 93).

    • 3.3.3. Objektive Auslegung und verwaltungsrechtliche Besonderheiten (E. 3.3) Scheitert die subjektive Auslegung, kommt die objektive Auslegung zum Zug. Massgebend ist hier, wie eine Partei die Erklärung der anderen Partei nach Treu und Glauben verstehen durfte. Bei unklaren Klauseln gilt die Regel "in dubio contra stipulatorem". Im Verwaltungsrecht wird zudem vermutet, dass die Verwaltung nichts vereinbaren wollte, was dem öffentlichen Interesse oder der Gesetzgebung widerspricht ("conforme à la loi"-Prinzip; Verweis auf BGE 149 V 203, 144 V 84).

    • 3.3.4. Anwendung auf den vorliegenden Fall (E. 3.4) Das Bundesgericht bestätigt, dass das Kantonsgericht, auch wenn nicht explizit erwähnt, das Vorliegen eines tatsächlichen Willens verneint hat. Diese Feststellung ist nur auf Willkür überprüfbar.

      • Entscheid des Spitals vom 2. Oktober 2023 (E. 3.4.1): Der Beschwerdeführer stützte sich auf diesen Entscheid als Beleg für eine Vereinbarung. Das Bundesgericht verneint dies jedoch vehement. Der Entscheid des Spitals führe genau das Gegenteil aus: Es habe lediglich informelle Gespräche gegeben, keine schriftliche Vereinbarung (die nötig gewesen wäre). Zudem wäre es illogisch, Honorare auf Basis vergangener, höherer Tätigkeit zu zahlen, wenn die interventionelle Tätigkeit des Beschwerdeführers seit 2018 erheblich gesunken war. Das Spital hat auch im kantonalen Verfahren explizit das Bestehen einer Vereinbarung bestritten.

      • E-Mail-Verkehr 2018 (E. 3.4.2): Das Kantonsgericht hatte festgestellt, dass die Verhandlungen trotz intensiver Bemühungen nicht zu einer umfassenden Vereinbarung geführt hätten. Die Formulierungen der Kardiologen ("à bout touchant", "position n'est pas unanime", "il s'agit de garantir") deuteten auf laufende Verhandlungen und Vorschläge, nicht auf eine abgeschlossene Vereinbarung hin. Ein Protokoll vom 26. Juni 2018 zeigte ebenfalls unterschiedliche Positionen. Auch das Schreiben des Spitals vom 24. Februar 2020 (auf das sich der Beschwerdeführer berief) bezog sich auf Verhandlungen und eine zukünftige Analyse zur Erstellung eines konkreten Vorschlags. Die vom Beschwerdeführer zitierte Formulierung, wonach eine Garantie "vereinbart worden sei", wurde als "offensichtlich eine schlechte Formulierung" in diesem Kontext abgetan.

      • Schlussfolgerung zur Vereinbarung: Das Bundesgericht erachtet die Schlussfolgerung des Kantonsgerichts, dass kein tatsächlicher und übereinstimmender Parteiwille zur Bindung an eine Vergütungsgarantie bestand, als vertretbar und nicht willkürlich.

  • 3.4. Verletzung des Prinzips von Treu und Glauben (E. 3.5) Da keine effektive Zusage gemacht wurde, die eine Vergütungsgarantie begründen könnte, ist der Vorwurf der Verletzung des Vertrauensprinzips unbegründet. Das Bundesgericht hielt zudem fest, dass der Einkommensrückgang des Beschwerdeführers seit 2018 nicht auf Vertragsänderungen, sondern auf eine erhebliche Verminderung seiner interventionellen Tätigkeit zurückzuführen war. Unter diesen Umständen konnte er vernünftigerweise keine Einkommenserhöhung erwarten. Auch die angebliche "totale Unsicherheit" bezüglich seiner Vergütung sei angesichts seiner weiterhin beträchtlichen Einnahmen (z.B. 569'780 Fr. im Jahr 2018) unbegründet.

  • 3.5. Verletzung des Rechts auf Gehör (E. 3.6) Die Rüge der Gehörsverletzung wurde abgewiesen. Das Kantonsgericht konnte den Sachverhalt willkürfrei feststellen und auf dieser Grundlage das Zustandekommen einer Vereinbarung durch subjektive Auslegung verneinen. Eine objektive Auslegung erübrigte sich daher.

4. Entscheid

Das Bundesgericht wies die Beschwerde in der Begründung ihrer Zulässigkeit ab. Die Gerichtskosten von 5'000 Franken wurden dem Beschwerdeführer auferlegt, es wurden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

Das Bundesgericht hat die Beschwerde eines Kardiologen gegen die Ablehnung seiner Forderung auf Nachzahlung entgangenen Lohns abgewiesen. Es bestätigte die Auffassung der Vorinstanz, dass keine vertragliche Vereinbarung – weder mündlich noch schriftlich – zwischen dem Kardiologen und dem Spital über eine garantierte Mindestvergütung oder eine spezifische Einkommenserhöhung zustande gekommen ist. Die Prüfung des Sachverhalts und der Parteikorrespondenz ergab, dass lediglich Verhandlungen geführt wurden, die nicht zu einem übereinstimmenden Willen (tatsächlicher Konsens) bezüglich einer solchen Garantie führten. Das Bundesgericht befand die Sachverhaltsfeststellung des Kantonsgerichts als nicht willkürlich und verneinte zudem eine Verletzung des Vertrauensprinzips oder des Rechts auf Gehör. Der Einkommensrückgang des Beschwerdeführers wurde auf eine verminderte eigene Leistung zurückgeführt, nicht auf die vertraglichen Änderungen.