Zusammenfassung von BGer-Urteil 1C_372/2024 vom 11. November 2025

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Gerne fasse ich das bereitgestellte Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts detailliert zusammen:

Detaillierte Zusammenfassung des Urteils 1C_372/2024 des Bundesgerichts vom 11. November 2025

1. Einleitung und Verfahrensgegenstand

Das Bundesgericht hatte über eine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zu entscheiden, die sich gegen einen Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz richtete. Streitgegenstand war die Nutzungsplanung der Gemeinde Riemenstalden, insbesondere die geplante Einzonung einer Zone für öffentliche Bauten und Anlagen (ÖBA) im Gebiet "Unterhettis" auf der Parzelle KTN 21 und einer Wohnzone W2K im Gebiet "Kirchenweidli" auf KTN 23. Die Beschwerdeführenden, A.A._ und B.A._, als Eigentümer eines direkt an den Standort der geplanten ÖBA angrenzenden Grundstücks, wehrten sich gegen diese Einzonungen, da der Standort "Unterhettis" in einer blauen Gefahrenzone liege und der Standort "Kirchenweidli" die ursprünglich vorgesehene ÖBA beherbergen sollte.

2. Sachverhalt und Verfahrensgang

Die Gemeinde Riemenstalden verfügte zum Zeitpunkt der Planung noch über keine flächendeckende Nutzungsplanung und war durch den kantonalen Richtplan zur Erstellung einer solchen verpflichtet. Ein erster Entwurf sah einen Werkhof (ÖBA) im Gebiet "Kirchenweidli" vor. Dieser Standort stiess jedoch an einer Gemeindeversammlung auf Kritik und wurde vom Gemeinderat zur Überarbeitung zurückgewiesen, um insbesondere den Ortsbildschutz zu wahren.

Als alternativer Standort für den Werkhof wurde das Gebiet "Unterhettis" auf einer Teilfläche der Parzelle KTN 21 evaluiert. Ein Naturgefahrennachweis vom 24. Januar 2022 bestätigte die Plausibilität dieses Standorts unter dem Vorbehalt der Klärung offener Fragen bezüglich Naturgefahren. Im überarbeiteten Entwurf der Nutzungsplanung wurde die ÖBA im "Unterhettis" vorgesehen und auf eine solche im "Kirchenweidli" verzichtet; letzteres wurde stattdessen als Wohnzone W2K ausgewiesen.

Gegen diese überarbeitete Planung erhoben die Beschwerdeführenden Einsprache, die vom Gemeinderat abgewiesen wurde. Auch der Regierungsrat des Kantons Schwyz wies die Verwaltungsbeschwerde der Beschwerdeführenden im Wesentlichen ab, hob lediglich eine Bestimmung des Baureglements auf, was für den Kernkonflikt unerheblich war. Das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz bestätigte diese Entscheide. Nachdem die Gemeindeversammlung die Nutzungsplanung einstimmig angenommen hatte, genehmigte der Regierungsrat die gesamte Nutzungsplanung. Gegen den letztinstanzlichen Entscheid des Verwaltungsgerichts, der diesen Genehmigungsbeschluss zur Kenntnis nahm und die frühere Abweisung der Beschwerde bestätigte, gelangten die Beschwerdeführenden an das Bundesgericht.

3. Rechtliche Argumentation und Begründung des Gerichts

3.1. Rügen der Beschwerdeführenden Die Beschwerdeführenden machten geltend, der projektierte Standort für die ÖBA im "Unterhettis" befinde sich ausserhalb des Siedlungsgebietes und vollständig innerhalb der blauen Gefahrenzone (mittlere Gefährdung). Eine Einzonung unter diesen Umständen verletze Art. 15 Abs. 4 lit. a Raumplanungsgesetz (RPG), der die Eignung von Land für die Bauzone regelt. Sie argumentierten, dass Neueinzonungen in Gebieten mittlerer Gefährdung nur zurückhaltend und nur unter Nachweis eines übergeordneten Interesses sowie des Fehlens von Alternativstandorten erfolgen dürften, welche Bedingungen vorliegend nicht erfüllt seien.

3.2. Begründung der Vorinstanz Die Vorinstanz befand, dass die nach wie vor bestehende Gefahrenlage im Bereich der geplanten ÖBA weniger stark gewichtet werden durfte als Argumente zugunsten des Ortsbildschutzes, die gegen eine Ausscheidung der ÖBA im "Kirchenweidli" sprachen. Die Gefahrensituation der ÖBA wurde als vertretbar erachtet, da das Grundstück leicht erschliessbar sei und das Dorfbild erhalten bleibe. Zudem wurde argumentiert, dass die Funktionalität des Gebäudes durch zu ergreifende Massnahmen nicht beeinträchtigt werde. Es wurde zudem festgehalten, dass das Risiko, dass die Riemenstaldenstrasse infolge eines Naturereignisses unpassierbar werde, grösser sei, als dass der Werkhof von einem Naturereignis heimgesucht werde. Der frühere Standort "Kirchenweidli" eigne sich aufgrund seiner erhöhten Lage besser für Wohnnutzungen und sollte nicht für einen Werkhof reserviert werden, während der neue Standort im "Unterhettis" diskret liege.

3.3. Erwägungen des Bundesgerichts zum Umgang mit Naturgefahren in der Raumplanung Das Bundesgericht betonte die raumplanerische Bedeutung des Schutzes vor Naturgewalten und verwies auf diverse bundesrechtliche Bestimmungen: * Art. 6 Abs. 2 lit. c RPG: Kantone müssen in Richtplänen Gebiete mit erheblichen Naturgefahren feststellen. * Art. 21 Abs. 1 Wasserbauverordnung (WBV) und Art. 15 Abs. 1 lit. c Waldverordnung (WaV): Kantone bezeichnen Gefahrengebiete bzw. erstellen Gefahrenkarten und berücksichtigen diese in ihrer Richt- und Nutzungsplanung. * Art. 3 Abs. 1 Wasserbaugesetz (WBG): Kantone gewährleisten den Hochwasserschutz auch durch raumplanerische Massnahmen. * Gefahrenstufen: Das Gericht erläuterte die fünf Gefahrenstufen (rot, blau, gelb, gelb-weiss, weiss) und stellte fest, dass Gefahrenkarten als fachliche, wissenschaftlich erstellte Grundlagen nach Festsetzung behördenverbindlich sind.

3.4. Beurteilung der Einzonung in der blauen Gefahrenzone Das Bundesgericht hielt fest, dass eine Einzonung von Land in der Gebotszone (mittlere Gefährdung, blau) entgegen der Auffassung der Beschwerdeführenden nicht von vornherein ausgeschlossen ist. Es verwies auf die "Empfehlung Raumplanung und Naturgefahren" der Bundesämter (2005), eine Verwaltungsverordnung, von der das Bundesgericht nicht ohne triftigen Grund abweicht. Gemäss dieser Empfehlung ist eine Prüfung von Einzonungen in blauen Zonen möglich, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind: 1. Nachweis eines übergeordneten Interesses. 2. Fehlen geeigneter Alternativstandorte. 3. Gründliche Prüfung der Sicherheit sowohl innerhalb als auch ausserhalb der geplanten Gebäude.

Das Gericht betonte, dass der Umstand, dass ein anderer Standort ebenfalls möglich wäre, allein nicht ausreicht, eine Einzonung auszuschliessen. Vielmehr sei eine Interessenabwägung zwischen dem einzuzonenden Grundstück und geeigneten Alternativstandorten vorzunehmen, wobei die konkrete Gefahrenlage und die geplante Nutzung zu gewichten sind. Das Bundesgericht übt bei der Überprüfung solcher Ermessensentscheide, insbesondere bei örtlichen Verhältnissen und technischen Fragen, Zurückhaltung.

3.5. Anwendung auf den vorliegenden Fall * Naturgefahrennachweis: Das Gericht würdigte den Naturgefahrennachweis vom 24. Januar 2022, der Gefährdungen durch Lawinen, eine Quelle und Hochwasserabflüsse feststellte. Vorgeschlagene Schutzmassnahmen umfassten die Verlängerung eines Schutzdammes, Geländeanpassungen und bauliche Verstärkungen des Gebäudes. Das Risiko für die Zufahrt durch Lawinen wurde mit organisatorischen Massnahmen (kurze Aufenthaltsdauer) als akzeptabel bewertet. Im Gebäudeinneren sei eine Gefährdung nur bei Extremereignissen (alle 300 Jahre) zu erwarten. Die Massnahmen würden das Risiko wirkungsvoll reduzieren und die Gefährdung der Nachbargrundstücke nicht negativ verändern. * Interessenabwägung der Vorinstanz: Die Vorinstanz stützte sich auf die beschränkte Verfügbarkeit von Land ausserhalb von Gefahrenzonen, Anforderungen des Ortsbild- und Denkmalschutzes sowie die Tatsache, dass die geplante Werkhofnutzung keine dauerhafte Anwesenheit von Personen erfordere und eine weitgehende Einschränkung der Gefahren zulasse. Die vorteilhafte Erschliessung wurde ebenfalls berücksichtigt. Das Bundesgericht befand diese Interessenabwägung als nicht zu beanstanden. * Stellungnahme des BAFU und Konsequenzen: Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) bestätigte, dass die Gefahrenkarte angepasst und berücksichtigt wurde. Es wies jedoch darauf hin, dass die Umsetzung in der kantonalen Richt- und Nutzungsplanung noch fehle und dass die empfohlenen Objektschutzmassnahmen grundeigentümerverbindlich umgesetzt werden müssten, um den Nachweis der Eignung als Bauland vollständig zu erbringen. Das Bundesgericht schloss sich diesen Ausführungen an. Es stellte klar, dass die Behörden sicherstellen müssen, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind, bevor eine Baubewilligung erteilt wird. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung sei bei einer Einzonung ausreichend, dass die Erschliessung möglich erscheint, und bei mehrstufiger Planung ein Machbarkeitsnachweis erbracht wird, dass eine geeignete Lösung gefunden werden kann. Da der Naturgefahrennachweis die Machbarkeit der Schutzmassnahmen bestätigt, steht der Einzonung zum jetzigen Zeitpunkt nichts entgegen.

3.6. Ergebnis der Prüfung Das Bundesgericht stellte fest, dass der Umstand, dass notwendige Gefahrenschutzmassnahmen noch zu ergreifen sind, einer Einzonung des fraglichen Grundstücks zum jetzigen Zeitpunkt nicht entgegensteht. Eine Verletzung von Art. 15 Abs. 4 lit. a RPG wurde nicht erkannt.

4. Fazit des Urteils

Die Beschwerde wurde abgewiesen, soweit darauf einzutreten war. Die Gerichtskosten wurden den Beschwerdeführenden auferlegt.

Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

Das Bundesgericht hat entschieden, dass die Einzonung einer Zone für öffentliche Bauten und Anlagen (Werkhof) in einer blauen Gefahrenzone (mittlere Gefährdung) gemäss Art. 15 Abs. 4 lit. a RPG nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist. Eine solche Einzonung ist zulässig, wenn ein übergeordnetes Interesse nachgewiesen und das Fehlen geeigneter Alternativstandorte belegt wird, sowie die Sicherheit innerhalb und ausserhalb der Gebäude durch geeignete Massnahmen gewährleistet werden kann.

Im vorliegenden Fall bejahte das Gericht die Rechtmässigkeit der Interessenabwägung der kantonalen Behörden, welche den Ortsbildschutz über die (durch Massnahmen beherrschbaren) Naturgefahren am alternativen Standort Unterhettis stellten. Es bestätigte, dass ein vorliegender Naturgefahrennachweis die Machbarkeit von Schutzmassnahmen belegt. Die noch ausstehende grundeigentümerverbindliche Umsetzung dieser Schutzmassnahmen ist zwar eine zwingende Voraussetzung für die Erteilung einer späteren Baubewilligung, steht aber der Einzonung im aktuellen Planungsstadium nicht entgegen, da die prinzipielle Eignung des Landes als Bauland unter diesen Bedingungen als gegeben erachtet wird.