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Zusammenfassung des Urteils des Schweizerischen Bundesgerichts 6B_299/2025 vom 27. November 2025
Das Bundesgericht hatte über eine Beschwerde in Strafsachen von A.__ (Beschwerdeführer) gegen ein Urteil des Obergerichts des Kantons Solothurn vom 26. November 2024 zu entscheiden. Das Obergericht hatte den Beschwerdeführer wegen Brandstiftung zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten verurteilt und eine Landesverweisung von 8 Jahren sowie eine Ausschreibung im Schengener Informationssystem angeordnet. Der Beschwerdeführer beantragte Freispruch, Genugtuung, den Verzicht auf die Landesverweisung und SIS-Ausschreibung, die Herausgabe eines Feuerzeugs sowie die Feststellung einer Verletzung des Beschleunigungsgebots.
1. Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung (Art. 97 Abs. 1, 105 Abs. 1 und 2 BGG, Willkürverbot)
Das Bundesgericht prüfte zunächst die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung, die gemäss Art. 97 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 2 BGG nur gerügt werden kann, wenn sie offensichtlich unrichtig (willkürlich) ist oder auf einer Rechtsverletzung beruht und für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann. Willkür liegt vor, wenn der Entscheid unhaltbar ist oder in klarem Widerspruch zur tatsächlichen Situation steht, wobei nicht genügt, dass eine andere Lösung vertretbar wäre.
Sachverhalt: Dem Beschwerdeführer wurde vorgeworfen, am 5. Dezember 2022 in seiner verschlossenen Zelle im Untersuchungsgefängnis U.__ das Fenster geöffnet, den Brandschutz seiner Schaumstoffmatratze entfernt und diese samt weiteren Textilien mit einem Feuerzeug oder einer Zigarettenglut in Brand gesteckt zu haben. Dadurch sei ein Feuer entstanden, welches er nicht mehr habe beherrschen können. Nach Betätigung des Notrufknopfs sei er vom Gefängnispersonal befreit und der Brand anschliessend von der Feuerwehr gelöscht worden. Aufgrund der Rauchgasentwicklung seien sechs weitere Insassen evakuiert worden. Der Beschwerdeführer erlitt Verbrennungen, ein Inhalationstrauma und ein leichtes Schädel-Hirn-Trauma.
Argumentation des Beschwerdeführers und bundesgerichtliche Würdigung: * Sekundenschlafthese: Der Beschwerdeführer behauptete, er sei mit einer brennenden Zigarette im Mund auf der Matratze eingeschlafen. Die Vorinstanz verwarf dies unter Hinweis auf Videoaufnahmen, die zeigten, dass der Beschwerdeführer vom Aufflackern des Feuerzeugs bis zum Aufstellen der Matratze stets in Bewegung gewesen sei und höchstens eine Minute keine Bewegung in der Zelle zu erkennen gewesen sei. Das Bundesgericht bestätigte, dass es ausgeschlossen sei, dass der Brand in dieser kurzen Zeitspanne durch Einschlafen mit einer Zigarette ausgelöst wurde. Es befand die vorinstanzliche Beweiswürdigung als überzeugender und sah keine Willkür. * Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes: Der Beschwerdeführer rügte, die Vorinstanz habe den Untersuchungsgrundsatz verletzt, indem sie keine Videoaufnahmen aus dem Innern des Gefängnisses beigezogen habe. Das Bundesgericht entkräftete dies mit dem Hinweis, dass die Aufnahmen der Aussenkamera die Behauptungen des Beschwerdeführers bereits widerlegt hätten und somit kein weiterer Beizug von Aufnahmen nötig gewesen sei. Die Rüge erfülle die Anforderungen an eine gehörige Willkürrüge nicht.
Das Bundesgericht befand somit, dass die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung nicht zu beanstanden sei.
2. Rechtliche Würdigung der Brandstiftung (Art. 221 Abs. 1 StGB, Vorsatzlehre)
Grundlagen: Gemäss Art. 221 Abs. 1 StGB wird bestraft, wer vorsätzlich zum Schaden eines andern oder unter Herbeiführung einer Gemeingefahr eine Feuersbrunst verursacht. Der qualifizierte Tatbestand gemäss Abs. 2 sieht eine höhere Strafe vor, wenn Leib und Leben von Menschen wissentlich in Gefahr gebracht werden. Abs. 3 ermöglicht eine Strafmilderung bei geringem Schaden. Das Bundesgericht wiederholte seine Definition des Vorsatzes, einschliesslich des Eventualvorsatzes (Gefährdungsvorsatz), bei dem der Täter die Gefahr kennt und trotzdem handelt, ohne auf ihren Nichteintritt zu vertrauen.
Argumentation des Beschwerdeführers und bundesgerichtliche Würdigung: * Objektiver Tatbestand: Die Vorinstanz stellte fest, dass eine Feuersbrunst und ein Schaden verursacht wurden, was den objektiven Tatbestand erfüllt. * Subjektiver Tatbestand: Die Vorinstanz schloss auf das Vorliegen von Eventualvorsatz bezüglich der Verursachung einer Feuersbrunst und direkten Vorsatz bezüglich des Schadens am Untersuchungsgefängnis. Sie begründete dies damit, dass der Beschwerdeführer in seiner Zelle die Matratze und weitere brennbare Materialien angezündet habe, um sicherzustellen, dass der Brand ein grosses Ausmass erreichen würde. Ihm sei bewusst gewesen, dass er den Brand nicht selbst löschen könne, und er habe die Verursachung der Feuersbrunst zumindest in Kauf genommen. * Argument Suizidalität: Der Beschwerdeführer machte geltend, er könne den Brand nicht vorsätzlich gelegt haben, da ihm sonst Suizidalität unterstellt werden müsse. Das Bundesgericht verwarf dies: Der Beschwerdeführer habe um die ständige Anwesenheit des Gefängnispersonals, die Überwachungskameras, den Notrufknopf und die Möglichkeit einer Evakuierung gewusst. Er konnte davon ausgehen, dass er gerettet würde, weshalb sein Vorsatz auf Brandstiftung nicht zwingend einen Eventualvorsatz hinsichtlich seines eigenen Todes impliziere. * Widersprüchlichkeit der Vorinstanz: Die Rüge, die Vorinstanz widerspreche sich, indem sie Eventualvorsatz für die Feuersbrunst, aber nicht für den eigenen Tod annehme, wurde zurückgewiesen. Die rechtzeitige Rettung des Beschwerdeführers habe nicht bedeutet, dass das Feuer in der Zelle gelöscht worden sei. * Verweis auf BGE 105 IV 127: Der Beschwerdeführer berief sich auf BGE 105 IV 127. Das Bundesgericht führte aus, dieses Urteil stütze vielmehr die vorinstanzliche Würdigung, da dort festgehalten wurde, dass ein Feuer derart stark sein muss, dass es vom Urheber nicht mehr bezwungen werden kann, was hier der Fall war. Zudem habe das Bundesgericht im zitierten Entscheid erwogen, dass ein in einer Strafzelle gelegter Brand eine nahe Gesundheitsgefahr für andere Insassen darstellt. Die Vorinstanz habe aus Gründen des Verschlechterungsverbots (Art. 391 Abs. 2 Satz 1 StPO) zu Recht auf Erwägungen zum qualifizierten Tatbestand von Art. 221 Abs. 2 StGB verzichtet, implizierend, dass dieser gegebenenfalls hätte angewendet werden können.
Das Bundesgericht bestätigte den Schuldspruch wegen Brandstiftung.
3. Strafzumessung (Art. 47 ff. StGB, Ermessensspielraum)
Das Bundesgericht rief in Erinnerung, dass es bei der Strafzumessung den Sachgerichten einen erheblichen Ermessensspielraum zugesteht und nur bei Überschreitung des gesetzlichen Rahmens, Anwendung rechtlich irrelevanter Kriterien, Vernachlässigung wesentlicher Aspekte oder Missbrauch des Ermessens eingreift.
Vorinstanzliche Strafzumessung: * Strafrahmen: Von mindestens einem Jahr bis zu 20 Jahren Freiheitsstrafe (Art. 221 Abs. 1 i.V.m. Art. 40 Abs. 2 StGB). * Einsatzstrafe: Die Vorinstanz würdigte die vorsätzliche Verursachung einer unkontrollierbaren Feuersbrunst in einem Gefängnis mit erheblichen Sachschaden und der Schaffung einer Gemeingefahr für zahlreiche, nicht selbst evakuierbare Insassen durch giftige Dämpfe und Russpartikel. Das Feuer sei nur dank des Eingreifens von Gefängnispersonal und Feuerwehr nicht weiter eskaliert. Der Notruf sei erst aus egoistischen Motiven erfolgt. Das Verschulden wurde als "im mittleren Bereich des untersten Verschuldensdrittels" eingestuft, was eine Einsatzstrafe von 36 Monaten rechtfertigte. * Vorstrafen: Die erheblichen Vorstrafen des Beschwerdeführers (nicht einschlägig, aber mehrfach, u.a. wegen Betäubungsmittel- und Waffendelikten, Diebstahl, Raub) führten zu einer Erhöhung der Einsatzstrafe um 3 Monate. * Positive/Neutrale Faktoren: Das konstante Bestreiten der Vorwürfe wurde nicht zulasten gelegt. Das neu anständige Vollzugsverhalten wurde aufgrund der Erwartbarkeit neutral bewertet, ebenso die persönlichen Verhältnisse. * Resultat vor Verschlechterungsverbot: 38 Monate. * Endgültige Strafe: Aufgrund des Verschlechterungsverbots (Art. 391 Abs. 2 Satz 1 StPO) wurde die Strafe auf die erstinstanzlich verhängten 24 Monate Freiheitsstrafe belassen.
Argumentation des Beschwerdeführers und bundesgerichtliche Würdigung: * Strafhöhe und Vergleiche: Die Behauptung, die Strafe sei "völlig überzogen", und der Verweis auf einen unbewiesenen Fall sowie auf BGE 105 IV 127, wurden als nicht ausreichend begründet oder nicht überzeugend abgewiesen. Vergleiche seien nur mit grosser Zurückhaltung vorzunehmen. * Schadenhöhe (Fr. 22'000.--): Die Rüge, der Schaden sei "nicht sonderlich hoch" und Art. 221 Abs. 3 StGB (geringer Schaden) sei anzuwenden, wurde verworfen. Fr. 22'000.-- sei kein geringer Schaden, und dem Sachgericht stehe ein weites Ermessen zu. * Eigene Betroffenheit (Art. 54 StGB): Der Beschwerdeführer forderte einen gänzlichen Verzicht auf Bestrafung aufgrund seiner Verbrennungen, des Inhalationstraumas, der Schmerzen und psychischen Beeinträchtigungen. Das Bundesgericht erinnerte daran, dass Art. 54 StGB bei Vorsatztaten nur zurückhaltend und im Ermessen des Gerichts angewendet wird. Die Vorinstanz habe die Betroffenheit berücksichtigt und eine Strafminderung von einem Monat vorgenommen, was im weiten Ermessen liege. Ein vollständiges Absehen von Bestrafung sei ausgeschlossen. * Schwierige Kindheit und Jugend: Die Rüge, seine schwierige Kindheit und Jugend seien unzureichend berücksichtigt worden, wurde ebenfalls abgewiesen. Die Vorinstanz habe zu Recht festgestellt, dass die biographischen Daten keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Strafminderung lieferten. * Verletzung des Beschleunigungsgebots: Der Beschwerdeführer beanstandete die Dauer des Verfahrens. Das Bundesgericht verneinte eine Verletzung: * Die Zeiträume vom Brand (05.12.2022) über Anklage (28.04.2023) und erstinstanzliches Urteil (07.11.2023) bis zum Berufungsurteil (26.11.2024) seien verhältnismässig und nicht zu beanstanden. * Die Fristen für die Zustellung begründeter Urteile (Art. 84 Abs. 4 StPO: 60, max. 90 Tage) seien Ordnungsvorschriften, deren Nichteinhaltung lediglich eine Verletzung indizieren könne, hier aber keine erhebliche Verzögerung darstelle. * Die 12-monatige Frist für das Berufungsgericht (Art. 408 Abs. 2 StPO), die am 1. Januar 2024 in Kraft trat, sei ebenfalls eine blosse Ordnungsvorschrift und eine Konkretisierung des Beschleunigungsgebots. Ihre hier nur leichte Überschreitung (12 Monate und 17 Tage für das Berufungsverfahren ab Zustellung des begründeten Erstinstanzurteils bis Zustellung des Berufungsurteils) führe nicht zu einer Verletzung des Beschleunigungsgebots, da das Strafverfahren insgesamt speditiv geführt worden sei.
Die vorinstanzliche Strafzumessung wurde somit als bundesrechtskonform bestätigt.
4. Nebenfolgen (Landesverweisung, Sicherungseinziehung, Genugtuung)
5. Kosten und unentgeltliche Rechtspflege
Die Beschwerde wurde abgewiesen, soweit darauf einzutreten war. Der Beschwerdeführer wurde kostenpflichtig. Sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Rechtsverbeiständung wurde abgewiesen, da die Beschwerde von vornherein aussichtslos war. Die Gerichtskosten wurden seiner finanziellen Lage entsprechend auf Fr. 1'200.-- reduziert.
Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:
Das Bundesgericht bestätigte die Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Brandstiftung. Es wies dessen Rügen gegen die Sachverhaltsfeststellung (willkürliche Beweiswürdigung, Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes) mit Verweis auf die Videoaufnahmen und die hohen Anforderungen an Willkürrügen ab. Auch die rechtliche Würdigung, insbesondere das Vorliegen von Eventualvorsatz für die Feuersbrunst und direkten Vorsatz für den Sachschaden, wurde bestätigt. Die Strafzumessung von 24 Monaten Freiheitsstrafe, die sich nach oben korrigiert hätte, aber wegen des Verschlechterungsverbots beibehalten wurde, befand das Bundesgericht als korrekt. Dabei wurden die Gemeingefahr im Gefängnis, die Vorstrafen und die fehlende Strafminderung aufgrund von "geringem Schaden", "tätiger Reue" oder "schwieriger Kindheit" detailliert begründet. Eine Verletzung des Beschleunigungsgebots wurde unter Betonung der Natur von Fristen als Ordnungsvorschriften verneint. Die Landesverweisung und die Einziehung des Feuerzeugs wurden ebenfalls bestätigt, letzteres mit der klaren Bemerkung, dass die Auseinandersetzung mit einem Gegenstand von vernachlässigbarem Wert vor Bundesgericht unangemessen sei. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wurde wegen Aussichtslosigkeit der Beschwerde abgewiesen.