Zusammenfassung von BGer-Urteil 8C_228/2025 vom 26. November 2025

Es handelt sich um ein experimentelles Feature. Es besteht keine Gewähr für die Richtigkeit der Zusammenfassung.

Gerne fasse ich das bereitgestellte Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts detailliert zusammen:

Parteien und Gegenstand

In der vorliegenden Angelegenheit (8C_228/2025) befasste sich die IV. öffentlich-rechtliche Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts mit einer Beschwerde der Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich (SVA Zürich, Beschwerdeführerin) gegen ein Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich. Streitgegenstand war der Anspruch auf Ergänzungsleistungen (EL) zur AHV/IV, insbesondere die Frage der Anrechnung eines Verzichtsvermögens. Beschwerdegegnerin ist C.A._, die Erbin des während des Verfahrens verstorbenen EL-Ansprechers A.A._.

Sachverhalt (für die Streitfrage relevant)

A.A._ (geb. 1938) war mit B.A._ verheiratet. * 2007: Übertragung des Miteigentumsanteils: Am 18. Dezember 2007 übertrug A.A._ seiner damaligen Ehefrau schenkungsweise seinen hälftigen Miteigentumsanteil an der gemeinsam bewohnten Eigentumswohnung. Fünf Tage später, am 23. Dezember 2007, vereinbarten die Eheleute schriftlich, dass das Eigentum an A.A._ zurückfallen sollte, falls B.A._ vor ihm sterbe (Rückfallrecht). Handschriftlich wurde zudem die Verpflichtung der Ehegattin zur Rückübertragung des hälftigen Eigentums an A.A._ per 30. September 2011 festgehalten. Zweck dieser Übertragung war der Schutz des ehelichen Vermögens vor allfälligen Verantwortlichkeitsansprüchen Dritter gegen A.A._. Eine Rückübertragung erfolgte jedoch nie. * 2018: Gerichtliche Trennung und Gütertrennung: Die Ehe wurde am 26. November 2018 gerichtlich getrennt und Gütertrennung angeordnet. * 2019/2020: Urteilsunfähigkeit und Scheidung: Nach einem Schlaganfall im September 2019 wurde A.A._ im März 2020 von der KESB für urteilsunfähig erklärt und seine Tochter C.A._ als Vorsorgebeauftragte eingesetzt. Im Dezember 2020 wurde die Ehe geschieden. Die richterlich genehmigte Scheidungsvereinbarung sah vor, dass B.A._ ihrem Ex-Ehemann eine Ausgleichszahlung von Fr. 50'000.- für dessen güterrechtliche Ansprüche leistete und jede Partei ihr aktuelles Vermögen behielt. A.A._ verpflichtete sich zur Löschung des Rückfallrechts im Grundbuch. * 2022: EL-Antrag und Ablehnung: A.A.__ beantragte erneut Ergänzungsleistungen. Die SVA Zürich lehnte den Anspruch ab mit der Begründung, die Vermögensschwelle (Fr. 100'000.-) sei aufgrund der Anrechnung eines Verzichtsvermögens von Fr. 190'000.- überschritten. Sie stützte dies auf die Übertragung des Miteigentumsanteils im Jahr 2007.

Vorinstanzlicher Entscheid (Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich)

Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich hob den Entscheid der SVA Zürich auf und wies die Sache zur Neubeurteilung des EL-Anspruchs an die SVA zurück, unter der Massgabe, dass kein Verzichtsvermögen in Zusammenhang mit dem Stockwerkeigentum anzurechnen sei. Die Vorinstanz begründete dies wie folgt: 1. Zur Übertragung 2007: Die schenkungsweise Übertragung 2007 sei ein Simulationsgeschäft (Art. 18 Abs. 1 OR) gewesen, da der wahre Wille der Parteien auf eine Sicherungsübereignung mit Rückübertragung gerichtet war. Ein simulierter Vertrag sei unwirksam. Die dahinterstehende Sicherungsübereignung bzw. der Treuhandvertrag sei mangels öffentlicher Beurkundung der vorgesehenen Rückübertragung (Art. 657 Abs. 1 ZGB) ebenfalls nichtig gewesen. Folglich sei A.A._ Eigentümer seines Miteigentumsanteils geblieben. Er hätte die Berichtigung des Grundbuchs verlangen können (Art. 975 ZGB). Daher liege in der Übertragung von 2007 keine Verzichtshandlung vor. 2. Zur Scheidungsvereinbarung 2020: Im Zeitpunkt der Scheidungsvereinbarung sei A.A._ urteilsunfähig gewesen, was die Einsetzung der Vorsorgebeauftragten (Art. 363 i.V.m. Art. 360 Abs. 1 ZGB) belege. Ein Vermögensverzicht setze jedoch Wissen und Wollen der versicherten Person voraus. Auch wenn beide Parteien anwaltlich vertreten waren und die Vereinbarung richterlich genehmigt wurde, sei es sachfremd, ein grobfahrlässiges Verhalten anzunehmen. Die Scheidungsvereinbarung sei als Ergebnis einer umfassenden Abwägung güterrechtlicher Positionen und Prozessrisiken zu verstehen. Die erwähnte Rückfallklausel weise darauf hin, dass die Eigentumsverhältnisse Thema der Verhandlungen waren. Eine detaillierte Rekonstruktion der Beweggründe und eine Überprüfung der Übereinstimmung mit der Rechtslage würde den Rahmen eines EL-Verfahrens sprengen.

Rügen der Beschwerdeführerin (SVA Zürich) vor Bundesgericht

Die SVA Zürich beantragte die Bestätigung ihres Einspracheentscheids vom 6. November 2023 oder eventualiter die Rückweisung der Sache zu weiteren Abklärungen. Sie rügte im Wesentlichen: 1. Verzichtshandlung durch Scheidungsvereinbarung: Entgegen der Vorinstanz sei der Vermögensverzicht in der Scheidungsvereinbarung von 2020 zu sehen. Auch wenn A.A.__ urteilsunfähig gewesen sei, müssten ihm die Handlungen seiner Tochter als Vorsorgebeauftragter zugerechnet werden. Es bestünden keine Anhaltspunkte, dass die simulierte Schenkung in der güterrechtlichen Auseinandersetzung ausreichend berücksichtigt worden sei. Der EL-Ansprecher habe den Beweis für eine gleichwertige Gegenleistung nicht erbracht; die Ausgleichszahlung von Fr. 50'000.- stehe einem viel höheren Vermögenswert gegenüber (rechnerisch Fr. 156'258.- Verzicht). 2. Verletzung des rechtlichen Gehörs (Eventualantrag): Die Vorinstanz habe sich nicht mit ihrem Eventualantrag auseinandergesetzt, die Sache zur näheren Abklärung eines allgemeinen Vermögensrückganges zurückzuweisen. Sie habe darauf hingewiesen, dass zwischen Ende 2017 und Ende 2018 ein eheliches Vermögen von Fr. 235'170.- "verschwunden" sei, was unter dem Gesichtspunkt von Art. 11a ELG näher zu begründen wäre.

Würdigung durch das Bundesgericht

Das Bundesgericht trat auf die Beschwerde ein, da der vorinstanzliche Rückweisungsentscheid die SVA Zürich zu einer aus ihrer Sicht rechtswidrigen Verfügung zwingen würde, was einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG darstellt.

  1. Zur Übertragung 2007: Das Bundesgericht bestätigte die Ausführungen der Vorinstanz. Die Beurteilung als unwirksames Simulationsgeschäft, dessen dahinterliegender Treuhandvertrag mangels Formvorschrift (öffentliche Beurkundung) ebenfalls nichtig war, sei bundesrechtskonform. A.A.__ sei Eigentümer geblieben, weshalb kein Vermögensverzicht im Jahr 2007 vorlag (E. 5.1).

  2. Zur Scheidungsvereinbarung 2020:

    • Zurechnung der Handlungen: Das Bundesgericht hielt fest, dass die Handlungen der Vorsorgebeauftragten dem urteilsunfähigen A.A.__ ergänzungsleistungsrechtlich zuzurechnen sind. Die Annahme einer Verzichtshandlung scheitere somit nicht an der fehlenden Handlungsfähigkeit des EL-Ansprechers selbst (E. 5.2.2).
    • Berücksichtigung der Liegenschaft im Scheidungsverfahren: Die Rüge der SVA Zürich, die simulierte Schenkung sei nicht ausreichend berücksichtigt worden, wies das Bundesgericht als weitestgehend appellatorisch zurück. Die vorinstanzliche Feststellung, dass die dissimulierten Eigentumsverhältnisse in den Scheidungsverhandlungen Eingang gefunden hätten, sei nicht offensichtlich unrichtig. Der richterlich genehmigten Scheidungsvereinbarung sei ein Kompromisscharakter zuzuschreiben, der sich aus der Abwägung der bekannten Positionen und Prozessrisiken ergab. Das Bundesgericht sah keine Willkür in der vorinstanzlichen Beweiswürdigung und der Schlussfolgerung, dass keine konkreten Anhaltspunkte für einen Verzicht auf Rechtsansprüche vorlagen. Eine umfassende Rekonstruktion der güterrechtlichen Verhandlungen sprengt tatsächlich den Rahmen des EL-Verfahrens (E. 5.2.4). Demnach liegt auch hier kein Verzichtsvermögen vor.
  3. Verletzung des rechtlichen Gehörs (Eventualantrag): Das Bundesgericht gab der SVA Zürich in Bezug auf ihren Eventualantrag Recht. Die SVA hatte argumentiert, es sei ein signifikanter allgemeiner Vermögensrückgang (Fr. 235'170.-) zwischen Ende 2017 und Ende 2018 zu verzeichnen gewesen, der von A.A.__ hätte begründet werden müssen. Das Bundesgericht bejahte die Erheblichkeit dieses Vorbringens (unter Verweis auf Urteile 8C_333/2024 und 8C_12/2024, die die Pflicht zur Begründung eines bedeutsamen Vermögensrückgangs bekräftigen). Da die Vorinstanz diesen Eventualantrag und die dazu gehörigen Parteivorbringen unbehandelt gelassen hatte, verletzte sie die Begründungspflicht nach Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG und somit den Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV (E. 6.3).

Entscheid des Bundesgerichts

Die Beschwerde der SVA Zürich wurde im Eventualstandpunkt gutgeheissen. Das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 26. Februar 2025 wurde insoweit aufgehoben, als es die Frage des Vermögensrückgangs (unabhängig von der im Jahr 2007 vorgenommenen Eigentumsübertragung) betrifft. Die Sache wurde zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen, damit diese sich mit dem im kantonalen Verfahren gestellten Eventualantrag der Beschwerdeführerin und dem damit verbundenen allgemeinen Vermögensrückgang befasst und diesbezüglich ein neues Urteil fällt. Im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen.

Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

  • Kein Verzichtsvermögen durch Übertragung 2007: Die Übertragung des Miteigentumsanteils war ein unwirksames Simulationsgeschäft; A.A.__ blieb Eigentümer.
  • Kein Verzichtsvermögen durch Scheidungsvereinbarung 2020: Trotz Urteilsunfähigkeit und Zurechnung der Handlungen der Vorsorgebeauftragten wurde der Scheidungsvereinbarung keine Verzichtshandlung zugeschrieben, da sie als Ergebnis einer umfassenden güterrechtlichen Auseinandersetzung und Abwägung von Prozessrisiken gewertet wurde und keine Willkür vorlag.
  • Verletzung des rechtlichen Gehörs: Das kantonale Gericht hat den Eventualantrag der SVA Zürich, einen allgemeinen Vermögensrückgang (über die spezifische Liegenschaftstransaktion hinausgehend) abzuklären, nicht behandelt. Dies stellte eine Verletzung des rechtlichen Gehörs und der Begründungspflicht dar.
  • Rückweisung: Die Sache wird daher an das kantonale Gericht zurückgewiesen, um diesen nicht berücksichtigten Punkt des allgemeinen Vermögensrückgangs zu prüfen und neu zu entscheiden.