Zusammenfassung von BGer-Urteil 9C_513/2025 vom 17. Dezember 2025

Es handelt sich um ein experimentelles Feature. Es besteht keine Gewähr für die Richtigkeit der Zusammenfassung.

Gerne fasse ich das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts 9C_513/2025 vom 17. Dezember 2025 detailliert zusammen:

Detaillierte Zusammenfassung des Urteils des Schweizerischen Bundesgerichts 9C_513/2025 vom 17. Dezember 2025

1. Einleitung und Parteien

Das vorliegende Urteil des Bundesgerichts betrifft einen Fall im Bereich des direkten Bundessteuerrechts (IFD) sowie der kantonalen und kommunalen Steuern (ICC). Die Rekurrentin, A.__ SA, ein in Genf im Handelsregister eingetragenes Unternehmen, dessen Zweck unter anderem die Verwaltung, der Erwerb und die Bewirtschaftung von beweglichen Vermögenswerten sowie die Beteiligung an Unternehmen und die Verwaltung von kollektiven Kapitalanlagen umfasst, focht die Wiederaufnahme von als nicht kaufmännisch begründet erachteten Aufwendungen in ihren steuerbaren Gewinn an. Die Beschwerdegegnerin ist die kantonale Steuerverwaltung der Republik und des Kantons Genf.

2. Sachverhalt und Vorinstanzen

Die Rekurrentin wurde für die Steuerperioden 2009 bis 2016 regulär veranlagt, ohne dass diese Verfügungen angefochten wurden. Nach Einreichung ihrer Steuererklärung für 2017 leitete die kantonale Steuerverwaltung eine Ortskontrolle ein. Am 3. April 2019 eröffnete sie ein Nachsteuer- und Steuerhinterziehungsverfahren für die Perioden 2009 bis 2016 und führte weitere Kontrollen durch.

Am 29. März 2022 erliess die Steuerverwaltung Nachsteuerverfügungen für IFD und ICC (2009-2016), ordentliche Veranlagungsverfügungen für 2017 sowie Busseverfügungen wegen Steuerhinterziehung (2012-2016), wobei die Bussen auf 3/5 des hinterzogenen Steuerbetrags festgesetzt wurden. Die Beanstandungen betrafen hauptsächlich Ausgaben für den damaligen CEO C.__, Kosten für im Ausland organisierte Jagden ("frais de chasses") sowie bestimmte weitere Unternehmensausgaben.

Nach einer teilweisen Gutheissung des Einspruchs der Rekurrentin bezüglich der Abzugsfähigkeit von Kosten für Betriebsausflüge durch die Steuerverwaltung am 19. April 2023, wurden die Nachsteuer- und Veranlagungsverfügungen sowie die Bussen für Jagdkosten und andere nicht kaufmännisch begründete Ausgaben bestätigt.

Das Tribunal administratif de première instance (TAPI) gab der Rekurrentin am 9. Dezember 2024 teilweise recht, indem es die Jagdkosten als kaufmännisch begründet anerkannte und das Dossier zur Neuberechnung zurückwies. Die Cour de justice des Kantons Genf hingegen hob am 22. Juli 2025 das Urteil des TAPI bezüglich der Jagdkosten auf und verneinte deren Abzugsfähigkeit. Sie gab der Rekurrentin lediglich bezüglich der Nachsteuer für die Periode 2009 Recht, da diese verjährt sei. Im Übrigen wies sie die Beschwerde der Rekurrentin ab.

3. Formelle Rügen der Rekurrentin

Die Rekurrentin rügte eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) und einen formellen Rechtsverweigerungstatbestand (Art. 29 Abs. 1 BV), da die Cour de justice die kaufmännische Begründung von "344 weiteren Posten" angeblich nicht ausreichend geprüft habe. Sie habe nur eine pragmatische Analyse durchgeführt und die von der Gesellschaft vorgelegten Belege nicht berücksichtigt. Das Bundesgericht wies diese Rüge zurück. Die Cour de justice habe detailliert dargelegt, warum diese Ausgaben nicht kaufmännisch begründet waren, insbesondere aufgrund fehlerhafter Verbuchung und fehlender kundenbezogener Angaben auf den Belegen.

4. Materiellrechtliche Beurteilung – Direkte Bundessteuer (IFD)

4.1. Grundsätze der Abzugsfähigkeit von Geschäftsaufwendungen und geldwerten Leistungen

Das Bundesgericht zitierte zunächst die massgebenden Bestimmungen und die gefestigte Rechtsprechung:

  • Art. 58 Abs. 1 lit. b LIFD legt fest, dass kaufmännisch begründete Aufwendungen vom Reingewinn abzugsfähig sind.
  • Definition "kaufmännisch begründet": Es handelt sich um Ausgaben, die aus unternehmenswirtschaftlicher Sicht in einem unmittelbaren und direkten Zusammenhang mit dem erzielten Ertrag stehen. Alles, was sich aus kaufmännischer Sicht in gutem Glauben als Gemeinkosten bezeichnen lässt, ist steuerlich als kaufmännisch begründet anzuerkennen (ATF 124 II 29 E. 3; BGE 9C_185/2025 E. 6.1.2). Die Eignung oder Rationalität einer Ausgabe ist dabei unerheblich; die Steuerbehörden haben nicht die Aufgabe, die Zweckmässigkeit einer Ausgabe zu überprüfen.
  • Kausalzusammenhang: Es muss ein objektiver Kausalzusammenhang zwischen der Ausgabe und dem wirtschaftlichen Zweck des Unternehmens bestehen. Der Kausalzusammenhang ist gegeben, wenn ein ordentlicher Geschäftsleiter, der die objektiv erforderliche Sorgfalt des Handelsrechts beachtet, die Ausgabe getätigt hätte (BGE 9C_559/2023 E. 7.2.3).
  • Geldwerte Leistungen (Verdeckte Gewinnausschüttungen): Dient eine Ausgabe der privaten Unterhaltung eines Aktionärs oder seinem Vergnügen, belastet die Gesellschaft ihr Ergebnis zu Unrecht, indem sie eine private Ausgabe unter dem Deckmantel von Geschäftsausgaben trägt (ATF 144 II 427 E. 6a; BGE 9C_185/2025 E. 6.1.2).
  • Beweislast: Die Beweislast für den kaufmännischen Charakter einer Ausgabe liegt beim Steuerpflichtigen (ATF 146 II 6 E. 4.2).

4.2. Grundsätze der Steuerhinterziehung und Bussenbemessung

  • Art. 175 Abs. 1 LIFD definiert die Steuerhinterziehung. Bei juristischen Personen ist Art. 181 Abs. 1 LIFD anwendbar, dessen Begriff der Steuerhinterziehung identisch ist (ATF 135 II 86 E. 4.2).
  • Voraussetzungen: Die Tatbestandsmerkmale einer vollendeten Steuerhinterziehung sind erfüllt, sobald eine Unregelmässigkeit in der Buchhaltung vorliegt und daraufhin eine ungenügende Veranlagung festgesetzt wird (ATF 135 II 86 E. 3.1). Dies gilt insbesondere für die Verbuchung von nicht kaufmännisch begründeten Aufwendungen.
  • Bussenbemessung (Art. 175 Abs. 2 LIFD): Die Bemessung liegt im Ermessen der Behörden und wird vom Bundesgericht nur auf Rechtsfehler, Ermessensüberschreitung oder -missbrauch überprüft (ATF 144 IV 136 E. 9.1). Bei juristischen Personen richtet sich die Busse nach dem Verschulden der Organe (ATF 135 II 86 E. 4.4).

4.3. Anwendung auf die Jagdkosten

Die Cour de justice hatte die Abzugsfähigkeit der Jagdkosten verneint, weil: * Eine private Komponente und eine Nähebeziehung zwischen den Teilnehmern (PDG, Mitarbeiter und Eingeladene) überwog, was sich aus den E-Mail-Einladungen ergab. * Die Erklärungen der Rekurrentin, diese Jagden hätten zum Abschluss von Vermögensverwaltungsverträgen geführt (mittels einer "ad hoc"-Tabelle belegt), nicht durch überzeugende Beweismittel untermauert wurden, ausser einem einzigen E-Mail-Wechsel, der unzureichend war. * Ein offensichtliches Missverhältnis zwischen den entstandenen Kosten (für eine begrenzte Anzahl Personen) und den Gewinnen der Gesellschaft in den fraglichen Perioden bestand (Jagdkosten machten im Durchschnitt fast 50 % dieser Gewinne aus).

Die Rekurrentin rügte, die Cour de justice habe willkürlich eine "eingeschränkte Personengruppe" angenommen (84 Personen über 9 Jahre seien nicht eingeschränkt). Sie argumentierte, eine private Komponente dürfe die kommerzielle Begründung nicht pauschal ausschliessen (vgl. Beispiel Weinprobe). Ferner sei der Nachweis eines direkten Zusammenhangs zwischen den Kosten und jedem Vertrag zu streng, und die Kosten müssten im Verhältnis zum Umsatz, nicht zum Gewinn, beurteilt werden.

Das Bundesgericht wies die Rügen der Rekurrentin zurück: * Die Behauptung, 84 Teilnehmer über neun Jahre schlössen eine Nähebeziehung aus, ist nicht stichhaltig, da dies weniger als zehn Personen pro Jahr bedeutet und die Rekurrentin selbst private Verbindungen einräumte. * Die Argumentation, die private Komponente dürfe nicht systematisch die Abzugsfähigkeit ausschliessen, sei eine unbegründete Behauptung. * Die Cour de justice sei nicht in Willkür verfallen, indem sie einen einzelnen E-Mail-Wechsel und eine unbestätigte Tabelle als unzureichend für den Nachweis eines Kausalzusammenhangs erachtete. * Die Rekurrentin konnte nicht belegen, dass ein "ordentlicher Geschäftsleiter" unter diesen Umständen diese Jagdausgaben getätigt hätte, und versäumte es, den objektiven Zusammenhang zwischen den Ausgaben und ihrer Geschäftstätigkeit nachzuweisen.

4.4. Anwendung auf die "344 weiteren Posten"

Die Cour de justice stellte fest, dass diese weiteren Posten (Restaurant-, Reise- und Geschenkkosten) nicht kaufmännisch begründet waren, da Belege fehlten oder unzureichend waren (z.B. keine Angabe der betroffenen Geschäftsbeziehungen). Viele Ausgaben seien fehlerhaft verbucht worden, und nachgereichte Belege blieben vage. Einige Kosten (z.B. Fitness-Abonnement des PDG, Helikopterkosten für Auslandsaufenthalt) hatten gar keinen Bezug zur Geschäftstätigkeit.

Die Rekurrentin behauptete, die Cour de justice habe diese Posten nicht detailliert geprüft und ihre Buchhaltung sei nicht fehlerhaft gewesen. Das Bundesgericht wies auch diese Rügen ab. Die Rekurrentin habe nicht nachgewiesen, dass diese Ausgaben kaufmännisch begründet waren, sondern lediglich die gegenteilige Position der Vorinstanz behauptet, ohne zu erklären, warum sie nicht von Anfang an spezifische Belege für einen Zusammenhang mit Geschäftsbeziehungen vorgelegt habe.

4.5. Bussen wegen Steuerhinterziehung

Die Rekurrentin focht die Bussen wegen Steuerhinterziehung an, da sie die objektiven und subjektiven Voraussetzungen von Art. 175 Abs. 1 LIFD als nicht erfüllt erachtete, da die strittigen Kosten ihrer Meinung nach abzugsfähig gewesen wären. Das Bundesgericht hielt fest, dass diese Argumentation nicht ausreiche, um das kantonale Urteil zu widerlegen. Die Höhe der Busse von 3/5 des hinterzogenen Betrags für die Perioden 2012 bis 2016 erscheine nicht als unverhältnismässig, da die Cour de justice sowohl die Kooperation der Rekurrentin als auch die Verfahrensdauer berücksichtigt hatte. Die Rekurrentin habe im Übrigen nicht geltend gemacht, dass die Busse zu hoch sei, sondern lediglich, dass keine Steuerhinterziehung vorliege.

5. Kantonale und kommunale Steuern (ICC)

Das Bundesgericht stellte fest, dass gemäss Art. 24 Abs. 1 lit. a LHID die kantonale Genfer Bestimmung (Art. 12 Abs. 1 lit. h LIPM) die gleiche Regelung für die Wiederintegration von nicht kaufmännisch begründeten Aufwendungen wie Art. 58 Abs. 1 lit. b LIFD enthält. Entsprechend gelten die Ausführungen zum IFD mutatis mutandis auch für die ICC. Gleiches gilt für die Steuerhinterziehungsbussen, da die kantonalen Bestimmungen (Art. 69 Abs. 1 und 74 Abs. 1 LPFisc) inhaltlich mit Art. 175 Abs. 1 LIFD (bzw. Art. 181 Abs. 1 LIFD) übereinstimmen.

6. Ergebnis

Das Bundesgericht wies die Beschwerde der Rekurrentin in allen Punkten ab, soweit sie zulässig war, sowohl für die direkte Bundessteuer als auch für die kantonalen und kommunalen Steuern. Die Gerichtskosten wurden der Rekurrentin auferlegt.

Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

  • Nichtabzugsfähigkeit von Jagdkosten und anderen Ausgaben: Das Bundesgericht bestätigte die Einschätzung der Vorinstanz, dass die Kosten für im Ausland organisierte Jagden und 344 weitere Ausgabenposten nicht als kaufmännisch begründete Aufwendungen gemäss Art. 58 Abs. 1 lit. b LIFD (bzw. harmonisiertem kantonalen Recht) abzugsfähig sind.
  • Beweislast des Steuerpflichtigen: Die Rekurrentin konnte nicht den erforderlichen objektiven Kausalzusammenhang zwischen den Ausgaben und ihrer Geschäftstätigkeit nachweisen. Die Beweislast für die kaufmännische Begründung von Ausgaben liegt beim Steuerpflichtigen.
  • Keine Willkür: Die Vorinstanz ist bei der Würdigung der Beweismittel und der Verneinung des kaufmännischen Charakters der Ausgaben nicht in Willkür verfallen. Insbesondere wurde das Missverhältnis zwischen den Jagdkosten und den Gewinnen sowie das Fehlen präziser Belege für die anderen Posten hervorgehoben.
  • Bestätigung der Steuerhinterziehungsbussen: Da die objektiven und subjektiven Voraussetzungen der Steuerhinterziehung (fehlerhafte Buchung nicht abzugsfähiger Kosten, die zu einer ungenügenden Veranlagung führte) erfüllt waren, wurden die Bussen von 3/5 des hinterzogenen Steuerbetrags bestätigt und als nicht unverhältnismässig erachtet.
  • Harmonisierung: Die für die direkte Bundessteuer geltenden Grundsätze wurden aufgrund der Harmonisierung auch auf die kantonalen und kommunalen Steuern angewendet.